06 Ole Liebl: Konfliktfreie Beziehungen gibt es nicht

Shownotes

Spätestens seit den Filmen »No Strings Attatched« (dt.: »Freundschaft Plus«) oder »Friends With Benefits« kenn man das Prinzip: Freundschaft und Sex. Doch wie soll das zusammenpassen? Mit seinem Sachbuch »Freunde lieben« verortet Ole Liebl Freundschaft radikal neu. In unserem Podcast erzählt er, wie es möglich sein kann, diese Beziehungsform neu zu denken, warum menschliche Beziehungen immer fluide sind, wo seine persönliche Grenze zum Paarsein verläuft – und vor allem wie es funktioniert, Intimität auch in Freundschaften zuzulassen.

Ole Liebl, geboren 1992 in einem Dorf in Rheinland-Pfalz, studierte Philosophie und Informatik an der TU und FU Berlin. Auf seinen Kanälen auf TikTok und Instagram klärt er aus queerfeministischer und wissenschaftlicher Perspektive über verschiedene Themen rund um toxische Männlichkeit, Sexualität, Geschlecht und Beziehungen auf. Ole Liebl lebt in Berlin und arbeitet in einem LGBTIQ-Pflegebetrieb.

Transkript

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00:00:00: Herzlich willkommen bei unserem Podcast Tonspur Buchkultur. Mein Name ist Petra Gruber und ich

00:00:29: begrüße heute Ole Liebl bei mir. Hallo Ole. Hallo Petra. Schön, dass ihr hier bin. Guten Morgen.

00:00:35: Ole Liebel ist in Rheinland-Pfalz geboren, studierte Philosophie und Informatik an der TU und FU

00:00:41: Berlin und auf seinen Kanälen auf TikTok und Instagram klärt er aus queer, feministischer und

00:00:48: wissenschaftlicher Perspektive über verschiedene Themen rund um toxische Männlichkeit, Sexualität,

00:00:53: Geschlecht und Beziehungen auf. Ole lebt und arbeitet in Berlin. Ole, du bist ja nicht nur auf

00:01:00: TikTok und Instagram aktiv und sprichst dort über Sexualität und Beziehungen. Du hast jetzt auch

00:01:05: bei Harper Collins ein Buch herausgebracht mit dem Titel "Freunde lieben", wo es um Freundschaft plus

00:01:12: geht. Wie kam es denn dazu? Also eigentlich war das andersrum. Ich habe erst geschrieben und dann

00:01:18: habe ich Videos gemacht. Also die Videos basieren ziemlich stark auf den Recherchen, die ich für das

00:01:23: Buch gemacht habe und es war mehr so, ja, ich hatte das Buch dann halt schon in großen Teilen geschrieben

00:01:28: und dann meinten so zwei Freundinnen, das muss jetzt irgendwie, also du brauchst ein bisschen

00:01:31: Reichweite, damit man das auch für Verlage attraktiv macht und dann dachte ich mir na okay und

00:01:37: wie? Und die meinten, na du bist ja so ein Schwetzkopf und dann bist du jetzt auch nicht schüchtern vor der

00:01:41: Kamera, mach doch einfach TikToks. Ich hätte vorher die App noch nicht mal runtergeladen, also ich war

00:01:46: einfach nicht auf TikTok und auch nicht auf Instagram. Ich bin eigentlich nicht so ein Social

00:01:48: Media Boy und dann war ich so na ja gut, versuchen wir es mal und habe einfach ein Video eingesprochen

00:01:55: über so ein Buch, was ich irgendwie gelesen hatte. Das war so eines der ersten Erwähnungen von

00:01:59: Freundschaft plus von so ungefähr 100 Jahren und das habe ich halt in die Kamera gehalten,

00:02:03: habe kurz dazu gesagt und dann wurde das gleich 17.000 mal gesehen und ich war so wow okay krass,

00:02:08: also das ist jetzt ein anderes Level und dann hat sich das irgendwie so, beides so gleichzeitig

00:02:13: entwickelt. Und was glaubst du? Liegt es an den Themen, dass das einfach uns alle betrifft? Oder an der Art und

00:02:20: Weise wie du das machst? Also ich glaube ich habe schon so ein bisschen so ein Charaktergesicht, kann

00:02:24: auch gut reden so, also Leute finden mich glaube ich in der Regel sympathisch, das ist auf jeden

00:02:28: Fall von Vorteil wenn man Videos macht, aber natürlich bei dem Thema ist es so, dass es auf der

00:02:34: einen Seite viele Leute betrifft, vor allem viele jüngere Leute und es gleichzeitig aber auch wenig

00:02:39: gibt. Also Freundschaft plus, ich habe ja nicht immer sonst ein Buch geschrieben, weil ich einfach

00:02:43: gemerkt habe, es gibt nichts dazu. Ich hätte ja gerne was gelesen, also das war halt irgendwie vor

00:02:48: so zwei, drei Jahren habe ich angefangen dazu zu recherchieren, ein bisschen spezifischer und

00:02:54: wollte wirklich einfach ein Buch darüber lesen, aber es gab halt keins, weder auf Deutsch noch

00:02:58: auf Englisch und dann dachte ich, oh jetzt habe ich ein Thema. Deine Posts zeichnet sich ja auch

00:03:03: dadurch aus, dass du sehr genaue Quellenangaben hast, was ja in der Szene nicht unbedingt so

00:03:09: üblich ist, weil es ja sehr schnelllebig ist und sehr spontan ist oft. Wird das goutiert?

00:03:15: Also schätzen das die Leute? Also absolut, also ich meine es ist ja fast schon so eine Art

00:03:20: Markenzeichen geworden, dass ich nach jedem Video sage "und hier noch die Quellen", das hat sich

00:03:23: irgendwann so eingestellt, ich war so, oh das sag ich wirklich immer. Auf Social Media werden so

00:03:27: viele Meinungen kundgetan, was auch erstmal vollkommen okay ist, gehört ja zu einem öffentlichen

00:03:31: Diskurs auch dazu, dass man einfach sich austauscht und bestimmte Haltungen so entwickelt, aber es

00:03:37: gibt halt noch mehr als nur Meinungen. Ich finde es total wichtig, die Aufgabe, die Wissenschaft

00:03:43: auch in so einer öffentlichen Diskussion auch auf Social Media leisten kann oder leisten

00:03:48: könnte, aber dieser Übergang irgendwie von der Akademie auf der einen Seite zu den wilden

00:03:55: sozialen Medien auf der anderen Seite wird doch selten getan. Also da sehe ich mich so ein bisschen

00:04:00: so einer Vermittler-Rolle. Und glaubst du, dass das Buch dann das ja eigentlich sehr zurecht und

00:04:05: ja sehr gut, dass es so ist, seriös recherchiert ist und sehr sehr objektiv aufgebaut ist mit

00:04:11: schönen logischen Kapiteln, dass das dann für deine Social Media Zielgruppen auch geeignet ist?

00:04:16: Also ich würde sagen, dass ich auf Social Media schon ein bisschen niedrigschwelliger bin,

00:04:21: sag ich mal, die Videos sind sehr schnell. Ich bediene mich natürlich auch einer sehr

00:04:25: gesprochenen Sprache. Ich greife auch viele so popkulturelle Themen auf, naja so medium 

00:04:31: viele würde ich sagen, aber ich versuche dafür zu sorgen, dass es möglichst viele Leute einfach

00:04:37: konsumieren, anschauen, verstehen können. Natürlich ist ein Buch einfach in der Länge und in der

00:04:43: Ausführlichkeit der Argumentation und auch so ein bisschen in meiner eigenen Leidenschaft für

00:04:46: Theorie ein bisschen komplexer. Das bringt einfach das Buch als Medium mit sich. Deswegen ist natürlich

00:04:52: schon eher, also die Zielgruppe wird kleiner, aber ich glaube, die, die sich wirklich dafür interessieren,

00:04:59: die Lust drauf haben, werden das auch lesen und auch mit Genuss lesen. Gab es vonseiten des

00:05:05: Verlags, Harper Collins Unterstützung, was die Kapitelwahl betrifft, wie du es aufbaust,

00:05:10: oder ist es sozusagen deine Vorstellung gewesen, wie du das Thema angehst und aufarbeiten möchtest?

00:05:16: Da das Buch ja schon fast fertig war, als ich Harper Collins kontaktiert habe, war jetzt nicht so

00:05:22: viel gemeinsame Entwicklung, jetzt wirklich in der tiefen Struktur des Buches so enthalten,

00:05:27: in der gemeinsamen Arbeit. Es war eher so, dass sie noch ein ganzes Kapitel rausgestrichen haben.

00:05:32: Auch okay, also war auch total sinnvoll und dafür konnten wir dann wirklich mehr so in den, in den

00:05:39: Inhalt reingehen. Aber die Struktur stand so schon relativ, relativ fest, wenn ich mich recht entsinne.

00:05:43: Wir haben noch ein Kapitel getauscht oder so, aber von den groben Inhalten lief das schon.

00:05:48: Also was mich ja fasziniert hat, ist, dass es wirklich ja sehr analytische und auch sehr

00:05:53: ausgewogene Aufarbeitung des Themas ist, nämlich von verschiedenen Seiten. Also du gehst das Thema

00:05:59: soziologisch an, du hast so ein bisschen einen historischen Überblick über das Thema Freundschaft

00:06:05: und Ehe im Laufe der Geschichte, wie sich das entwickelt hat und bringst dann auch Beispiele

00:06:09: aus der Popkultur zu Beginn des Buches, indem du auf Filme eingehst und wie Freundschaft plus

00:06:15: in Filmen verhandelt wird. Also ich finde, das ist für mich ein sehr gelungener Mix, den man auch gerne

00:06:22: liest und lustigerweise beginnt das Buch ja mit einem Zitat aus "Harry und Sally", das viele kennen,

00:06:29: wo ja die Frage verhandelt wird, können Männer und Frauen Freunde sein und ist es nicht doch so,

00:06:36: dass immer irgendwie die Erotik, die Sexualität dazwischenkommen kann und hier scheiden sich ja

00:06:43: schon die Geister enorm. Also bei so Filmen wie "Harry und Sally" kann ich ja schon verstehen,

00:06:47: dass sie das so ein bisschen übertreiben wollen, aber im Großen und Ganzen kann ich irgendwie

00:06:52: nicht verstehen, warum Leute so hart immer so eine Grenze ziehen müssen. Also die einen, die dann

00:06:59: sagen, nein, es ist alles fluffig und es ist alles immer möglich, das ist halt für genauso real wie

00:07:04: diese Ansicht, dass Sex immer so eine bedrohliche Alternativ-Realität ist, die dann so reinbricht

00:07:10: und irgendwie immer nur Reibung verursacht und Schmerzen und Bedürfnisse und Begehren und weiß

00:07:16: ich nicht Inbalancen und so weiter, das ist so unglaublich mutlos. Es ist ja ein großes Begriffs-

00:07:22: Wirrwarr, dass ja mal geklärt werden muss. Voll und ich meine, das ist ja auch verständlich,

00:07:26: wenn man sieht, wie sich so Geschlechterverhältnisse in den letzten Jahrzehnten gewandelt haben,

00:07:30: was da alles passiert ist. Also ich meine, bei so Freundschaft Plus, das kann man ja schon wild

00:07:35: finden, aber ich meine, wenn man sich überlegt, dass so in 70er Jahren Männer und Frauen in der

00:07:39: Regel also sehr selten befreundet waren, also befreundet, also jetzt nicht mit Sex, sondern einfach nur so

00:07:45: Friends, das ist 50 Jahre her, das ist schon wild. Du schreibst ja auch, dass gerade queere Beziehungen

00:07:54: dazu beitragen, dass man diese Beziehungsthematiken und Definitionen neu denken muss. Ja, weil wenn

00:08:00: man sich mal anschaut, wie halt queere Beziehungen früher stattfinden mussten, dann war das ja so,

00:08:05: dass eine öffentliche Partnerschaft zum Beispiel einfach unmöglich war, war halt verboten. Man konnte

00:08:09: seine Bedürfnisse und seine Liebe nicht unter Menschen zeigen und deswegen lief das halt in

00:08:15: privaten oder in geschützten Räumen. Freundschaft waren auch oft ein Deckmantel, unter der man halt

00:08:20: alle möglichen Formen von Intimbeziehungen, ob das jetzt flüchtige Sexualbekanntschaften waren,

00:08:25: oder wirklich langjährige, leidenschaftliche, erfüllte Liebesbeziehungen waren. Das lief da

00:08:31: alles so ein bisschen gleichzeitig und ich glaube, da hat man aus so einer queeren Geschichte heraus

00:08:37: oder einer queeren Sexualkultur mit Queer, meine ich jetzt irgendwie so, alles, also schwul, lesbisch,

00:08:42: inter, trans, whatever, also ich fasse es immer so ein bisschen unter Queer zusammen, einfach ein

00:08:46: großen Erfahrungsschatz, den man irgendwie mitgeben kann und auch ein Verständnis dafür,

00:08:52: wie vielfältig und wie divers sich Intime Beziehungen gestalten können, ohne dass man jetzt

00:08:57: in dieses total einfache Schema von hier die asexuelle Freundschaft und da die voll romantische

00:09:04: monogame Partnerschaft auf der anderen Seite zurückfällt. Ich finde es auch so spannend,

00:09:09: du hast im Buch dann auch einen Raster in einem Kapitel, wo man so verschiedene Elemente von

00:09:14: Freundschaften und Beziehungen und Ehen einander gegenüberstellt und das ist fast wie ein Diagramm

00:09:22: schon. Ich mein, da kommt vielleicht so ein bisschen mein informatischer Background, manchmal ein bisschen

00:09:27: sehr analytisch da vorzugehen, aber auch wenn man diese ganzen Definitionen, die ich da aufgestellt

00:09:32: habe, erst mal bestreiten kann, ich will ja jetzt auch nicht, wie so, so Mose von Berg Sinai mit

00:09:36: so 10 Beziehungsgeboten runterkommen und sagen, das ist das jetzt, aber ich glaube, wenn man so ein

00:09:40: Buch schreibt und immer mal wieder auf verschiedene Beziehungstypen so referiert, ist es halt wichtig,

00:09:46: die vorher wenigstens mal so einigermaßen definiert zu haben. Also ich würde sagen,

00:09:51: ist ein Angebot, was ich da mache. Ja, aber das Spannende ist, dass man dann ja draufkommt,

00:09:56: dass das unsere bisherigen Begriffe, die wir so im Kopf haben, so ja gar nicht mehr gelten können,

00:10:01: weil die Gesellschaft, die sich sehr gewandelt hat und einfach jetzt im Vergleich, du hast es ja vorher

00:10:07: angesprochen zur Geschichte, wo es halt ganz starr war, die Ehe bedeutet das, eine Freundschaft

00:10:11: bedeutet das, ja viel möglich ist heutzutage und alles so ein bisschen fluider auch ist, was die

00:10:17: Elemente betrifft, die halt dann zusammentreffen. Und ich finde es ja spannend, du schreibst ja dann

00:10:22: auch, es kann ja sein, dass man in einer Ehe ist, trotzdem keinen Sex hat oder schlechten Sex hat

00:10:28: oder in einer Ehe ist und guten Sex hat, aber keine gute emotionale Beziehung hat. Also diese

00:10:34: Parameter sind in allen möglichen Beziehungsformen unterschiedlich denkbar. Ja, gerade die Ehe ist

00:10:40: ja glaube ich ein gutes Beispiel dafür, ich meine ich habe ein ganzes Kapitel über Ehe-Geschichte

00:10:43: gemacht, weil ich mich mit der Institution so ein bisschen beschäftigt habe, weil natürlich,

00:10:47: wenn ich davon spreche, dass Freundschaft und Sexualität öfter zusammengedacht werden,

00:10:51: dann muss ich mich natürlich auch damit beschäftigen, dass die Sexualität lange so rechtlich und auch

00:10:56: ethisch und gesellschaftlich fest in die Ehe eingebettet war. Also auch da musste irgendeine Bewegung

00:11:02: stattfinden, dass der Sex sich so langsam aus der Ehe so rauslösen konnte, um dann gegebenenfalls

00:11:06: in die Freundschaft so einzuwandern. Und dann habe ich das halt gemacht, habe dazu gelesen und

00:11:12: gemerkt, da war ja auch richtig viel in Bewegung. Also diese Vorstellung, dass so die Ehe gibt, die

00:11:18: dann irgendwie so da oben schwebt und irgendwie einfach so da ist, wird auch der historischen

00:11:23: Realität von Ehe einfach überhaupt nicht gerecht. Da ist, das ist einfach komplett auf den Kopf

00:11:27: gestellt. Also was die Ehe heute ist, also da hätten die Leute in 50er, also jetzt 1950er gedacht,

00:11:32: ach du meine Güte, das hat ja mit Ehe nichts mehr zu tun. Und die in 1850 hätten gedacht,

00:11:37: das hat, was die in 1950 gemacht haben, hat nichts mit Ehe zu tun und so weiter. Also da, ja, da kommt

00:11:44: immer, also wenn man sich so mit Geschichte beschäftigt, geraten diese Beziehungskategorien eh

00:11:49: ins Wanken, finde ich irgendwie gut und wichtig, das anzuerkennen. Spannend finde ich auch, dass,

00:11:53: dass du den Begriff der Intimität, einen großen, einen großen Stellenwert auch einräumst und ganz

00:12:00: viel über Intimität schreibst, weil das ja in allen Beziehungsformen in mehr oder weniger

00:12:05: ausgeprägter Form vorkommt. Wieso ist dir dieses Thema Intimität so wichtig? Ich habe

00:12:11: mir natürlich darüber Gedanken gemacht, nicht nur, ja, wie, was, also wie Freundschaft und

00:12:18: Sexualität irgendwie lose zusammenhängen, wie man das eine mit dem anderen führen kann, sondern wo sie sich

00:12:23: wirklich überschneiden. Also wo wirklich versucht wird, eine, also durch die Sexualität die Freundschaft

00:12:31: zu vertiefen oder durch die Freundschaft die Sexualität zu erweitern, weswegen ich auch immer

00:12:35: wieder von sexuellen Freundschaften spreche, statt Freundschaft plus, was ein bisschen wie so ein

00:12:39: Label klingt, wo der Sex so eine Art Blinddarm ist, der sich so dran setzt oder so, so ein Sahnehäubchen

00:12:45: vielleicht eher, so was aber mit der Freundschaft jetzt nicht unbedingt was zu tun hat, aber das

00:12:50: finde ich irgendwie nicht so ganz korrekt. Ich finde, beides kann wirklich fest verwoben

00:12:54: zusammengedacht werden, also muss nicht, aber kann. Und ich habe gerade in Intimität und Konsens

00:13:02: so zwei Bereiche so beleuchtet, von denen ich glaube, dass sie Freundschaft und Sexualität

00:13:08: ganz, ganz stark verbinden. Also ich meine, Intimität ist so ein Wort, so intim werden und so,

00:13:15: man weiß schon ungefähr, was das bedeutet und ich baue ja auch viel auf so einem alltäglichen

00:13:19: Verständnis davon auf, was es bedeutet, intim zu werden, ob es jetzt emotional ist oder in

00:13:24: Berührungen oder im bloßen Schweigen miteinander, das ist ja auch eine Form von Intimität. Da

00:13:30: aber so ein bisschen reinzugehen, aber was, worin kann denn diese Annäherung bestehen und

00:13:35: warum ist das so wichtig und was macht sich da irgendwie auf? Also ist was, was glaube ich

00:13:39: selten so explizit benannt wird, sondern immer nur so mitschwingt. Und das finde ich in dem

00:13:43: Sachbuch wichtig, gerade die Dinge, die immer nur so im Hintergrund mitschweben, an die Oberfläche

00:13:50: zu bringen und zu benennen. Du schreibst ja auch über die Freundschaft im Laufe der Geschichte,

00:13:55: also von den Griechen an bis zur jetzigen Freundschaftsformen. Da hat sich das ja

00:14:01: offensichtlich komplett umgedreht, was unter Freundschaft verstanden wurde. Ja, total. Also

00:14:08: da kann man so jedes beliebige Büchlein aufschlagen, was sich in irgendeiner Weise mit Freundschaft

00:14:12: beschäftigt, so aus den letzten Jahrhunderten, also von Aristoteles an und so weiter,

00:14:19: Montaigne von mir aus als großen Essayisten noch. Und da ist immer ganz klar, dass die Männerfreundschaft,

00:14:26: also die Freundschaft zwischen zwei Männern das absolute und höhere Ideal ist. Da gibt es auch

00:14:30: nichts drüber. Und Frauen, naja, Weib, dein Name ist Wankelmut und so weiter, dann kommen da

00:14:35: tausend sexistische Stereotype, warum Frauen irgendwie besonders intimer und verbindlicher

00:14:40: Freundschaften nicht fähig werden, weil sie nicht reif genug sind, weil sie nicht intellektuell

00:14:44: genug sind, weil sie nicht genug Macht haben, weil sie sowieso nicht irgendwie aus dem Haushalt rauskommen,

00:14:48: wo sie von ihnen Männern reingezwungen werden. Also tausend Gründe werden gefunden,

00:14:51: warum Frauen-Freundschaften irgendwie nicht so viel wert sind. Und dann ist wieder so im Laufe

00:14:57: des 19. Jahrhunderts, wo so ein richtiger Umbruch stattfindet. Ich glaube, es hat ganz viel damit

00:15:02: zu tun, dass so diese Geschlechtscharaktere sich so aufladen, gerade so in westlichen Kulturen,

00:15:08: es wird dann so Wissenschaften betrieben, um den Mann und die Frau irgendwie auf tausendfache Weisen zu

00:15:13: fixieren und physiologisch und in der Kindheit und weiß Gott was. Und auf der anderen Seite

00:15:17: wälzt halt so eine Industrialisierung durch Europa, die halt so Arbeitsorte ganz krass auftrennt,

00:15:23: so Männer in den Schwerfabriken und die Frauen irgendwie in der Textilindustrie oder eben in

00:15:29: der Heimarbeit. Und weiß ich nicht, ich glaube, da ist gar nicht mehr so viel Raum für intime

00:15:36: Freundschaften, gerade unter Männern. Und dann kommt noch dieses Männlichkeitsideal eben dazu,

00:15:40: was sich so verstärkt, was ja sowieso Emotionen als schwach und weiblich abtut. Und dann kommt

00:15:49: das so zu einem Wechsel. Frauen fangen ja auch an sich öffentlich zu äußern und zu lesen und zu

00:15:52: schreiben. Und es gibt Briefwechsel und die werden auch veröffentlicht und Frauen schreiben Romane.

00:15:57: Und plötzlich kommt so an die Öffentlichkeit, dass Frauen durchaus in der Lage sind, sehr feste

00:16:02: und sehr intime Freundschaften und auch sehr leidenschaftlich und auch sogar romantische

00:16:05: Freundschaften zu führen. Und da stinken die Männer irgendwie ein bisschen ab und das Erbe zeigt sich

00:16:10: dann im 20. Jahrhundert, wo dann ja, also wenn man jetzt Leute befragt, wie sie ihre Freundschaften

00:16:17: erleben, welche Freundschaften sie als eben näher und intimer erleben, Frauen-Freundschaften,

00:16:23: ganz klar an Männer-Freundschaften vorbeiziehen. Was aber spannend ist, ist, dass in allen auch

00:16:29: Freundschaften eine gewisse Form der Intimität da ist in unterschiedlichster Ausprägung. Was

00:16:37: definiert dann aber eigentlich das Paar sein oder die Ehe für dich? Das ist eine gute Frage,

00:16:44: die auch glaube ich immer wieder gestellt wird oder die ich mir auch immer wieder selber

00:16:49: stelle. Also wo verlaufen eigentlich so die Grenzen. Und natürlich, wenn ich jetzt glaube,

00:16:56: dass sexuelle Freundschaften möglich sind, also wirklich eine Freundschaft, die auch eine Freundschaft

00:17:01: ist und nichts anderes, dann wird ja klar, dass Sex nicht mehr das eine Unterscheidungsmerkmal ist,

00:17:08: was die Ehe und die Freundschaft trennt. Das ist vielleicht sogar schon immer eine Illusion gewesen,

00:17:13: aber wenn wir akzeptieren, dass sexuelle Freundschaften existieren, dann müssen wir diese

00:17:16: Vorstellung aufgeben. Es gibt nicht die eine Unterscheidung, die Freundschaft und Partnerschaft

00:17:21: unterscheidet. Und ich würde da vorschlagen, dass man einfach ein bisschen mehr so in die Breite

00:17:26: schaut. Also vielleicht weniger sich fragt, so was unterscheidet eigentlich eine Freundschaft plus

00:17:31: von einer Partnerschaft, sondern sich eher fragt, was unterscheidet eine Freundschaft plus eigentlich

00:17:35: von einer Freundschaft. Und wenn ich jetzt so persönlich spreche und über meine eigene Partnerschaft

00:17:43: nachdenke, was sie ausmacht, dann sehe ich, dass sie in so bestimmten Dimensionen einfach sehr

00:17:50: stark ausgeprägt ist. Für sich genommen kann es auch in Freundschaften stattfinden, aber bei

00:17:53: der Partnerschaft kommt alles zusammen. Ich werde mal ein bisschen konkreter. Also ich meine Sex ist

00:17:57: eine Sache. Es gibt Freundinnen mit denen ich schlafe und ich schlafe meiner Partnerin. So,

00:18:02: das gibt es. Aber ich schaffe natürlich nicht mit allen Freundinnen, sondern mit einigen. Dann ist es so,

00:18:08: dass für mich es in der Partnerschaft sehr wichtig ist, dass wir uns als ein "wir" als eine

00:18:15: Zweisamkeit zusammen in die Zukunft entwerfen und auch, dass ich meine Pläne irgendwie entsprechend

00:18:20: anpasse an unsere gemeinsamen Bedürfnisse. Sicherlich gibt es auch Freundschaften, die so

00:18:25: eng sind, dass ich sie auch einbeziehe in meine Zukunftsplanung. Und das ist mir auch wichtig. Aber

00:18:30: es findet in meiner Partnerschaft auf jeden Fall statt, aber nicht in allen Freundschaften. Oder

00:18:34: anderes Thema Familie. Es gibt natürlich Freund:innen der Familie, nicht wahr, die von Anfang an

00:18:38: schon immer rumhängen und genauso oft in der Küche sitzen irgendwie wie die eigenen Geschwister.

00:18:42: Auch wichtiger und gut. Aber bei meiner Partnerin oder bei einem Partner soll es auf jeden Fall so

00:18:47: sein, dass ich Teil ihrer Familie werde und sie Teil meiner Familie. Und ich sage mal, wenn man da

00:18:53: so ein bisschen anfängt, so ein bisschen aufzuzählen, hey, was ist mir in der Partnerschaft wichtig,

00:18:57: was möchte ich eigentlich, dann kommt man glaube ich weiter, als wenn man jetzt immer noch nach

00:19:01: dem letzten Kriterium sucht, was die genau scharfe Grenze markiert. Ist es vielleicht auch so ein

00:19:07: bisschen das öffentlich zu machen und in der Öffentlichkeit ein Paar zu sein, was dann der

00:19:11: Unterschied ist zwischen Freundschaften und? Voll. Ich meine, es gibt ja Wie gesagt, ich will

00:19:16: das ja niemandem vorschreiben. Also für mich ist das auf jeden Fall, das auch auf jeden Fall ein

00:19:19: Kriterium. Also ich finde es irgendwie, was heißt, unangemessen jetzt nicht in der moralischen Sinne,

00:19:24: sondern einfach für mich und meine eigene Gefühlswelt. Wenn ich zum Beispiel Freundinnen mit denen

00:19:30: ich schlafe in der Öffentlichkeit irgendwie, wenn wir uns da jetzt küssen würden oder so,

00:19:35: also richtig knutschen oder was, das wäre mir einfach zu viel. Das ist für mich meiner Partnerschaft

00:19:40: vorenthalten. Also wie gesagt, es geht jetzt nicht darum, für alle Leute gültige Kriterien aufzuzählen,

00:19:48: sondern sich darüber Gedanken zu machen, was sind eigentlich für mich Kriterien, was fühlt

00:19:51: sich eigentlich für mich gut oder für unsere Partnerschaft? Und ja, also ich meine in der Partnerschaft

00:19:56: zählt für mich natürlich auch dieses, das dauerhaft so ein Liebkosen und ein Streicheln und sich

00:20:01: nahe sein eben auch in der Öffentlichkeit stattfinden kann und mit Freundschaften ist

00:20:05: glaube ich Sexualität mehr so eine gemeinsame Aktivität auch irgendwo und die hat einen viel

00:20:12: klareren Anfang und ein Ende. Also man begibt sich da so gemeinsam in diesen Raum hinein und hat

00:20:18: irgendwie Spaß und es ist schön und wenn man dann fertig ist sozusagen, dann kuschelt man noch

00:20:24: ein bisschen und dann kommt man so ein bisschen runter und dann ist auch okay. Aber dann muss ich

00:20:27: jetzt nicht irgendwie noch mit Abschiedsküssen und weiß ich nicht, Händchen halten durch den

00:20:30: Park laufen, also das wäre mir einfach zu partnerschaftlich kodiert und ich glaube meine, also ich

00:20:35: wüsste nicht mehr wie ich meine Liebe so einordnen sollte. Also das würde sich schon sehr

00:20:40: partnerschaftlich anfühlen und nicht mehr nur freundschaftlich und das würde mir nicht immer

00:20:45: behagen und das würde auch zu manchen Beziehungen einfach nicht passen. Da kommen wir dann auch wieder

00:20:49: zu einem wichtigen Begriff, das ist ja so ein bisschen des Commitments und des Supportes,

00:20:54: der Unterstützung der gegenseitigen. Also einerseits findest du ja, dass das wichtige Element

00:20:59: deiner Freundschaft auch sind, dass man für den anderen, für die andere da ist, aber irgendwo

00:21:03: gibt es dann offensichtlich ja schon eine Grenze im Commitment. Da würde ich vorsichtig widersprechen,

00:21:11: weil ich glaube gerade, dass dieses Commitment oder diese Verbindlichkeit das wird oft so

00:21:16: gegeneinander ausgespielt. So ja, Freundschaft plus ist nur unverbindlich, aber Partnerschaften

00:21:20: das sind die wirklich verbindlichen Beziehungen und da würde ich, also ich glaube da ist man

00:21:24: wieder zu sehr in der Logik drin, Freundschaften gegen Partnerschaften auszuspielen statt

00:21:28: einfach Freundschaften als Freundschaften zu belassen. Also ich wüsste nicht warum eine

00:21:33: Freundschaft plus weniger verbindlich ist als andere Freundschaften, nur weil man miteinander

00:21:37: schläft. Also ich finde Freundschaften, auch wenn sie gewisse Grenzen haben und die habe ich in

00:21:41: allen Freundschaften hochverbindliche Beziehungen, also höchstverbindlich will ich sogar sagen.

00:21:46: Aber es gibt ja auch der Kritik und du widmest dem ja ein eigenes Kapitel, so die Einwände,

00:21:53: wo dann alle sagen ja, aber ich meine wenn es jetzt so viel Zeit miteinander verbindet und

00:21:57: eh dauernd zusammenhängt und euch unterstützt und irgendwie man fürsorglich ist mit dem anderen

00:22:03: oder sich sorgt um den anderen, die andere, das ist ja eigentlich ja eh schon quasi eine Beziehung.

00:22:10: Ja das kann ja passieren. Also ist ja jetzt nicht verboten, also ich finde es ja sogar ganz schön,

00:22:16: also wenn sich Beziehungen aus Freundschaften entwickeln, finde ich das gar nicht so, dass

00:22:20: wir es immer unbedingt so negativ framen muss. Aber ich glaube ich habe diese Einwände auch so

00:22:24: bisschen reingebracht, weil es mir immer wieder darum geht, so dieses starre Denken aufzubrechen.

00:22:29: Also ja natürlich, manche Leute gehen eine Freundschaft plus ein, weil sie wirklich die Absicht

00:22:35: haben, sich so langsam an die anderen Personen so ranzuschnecken, um dann irgendwie zu sagen und

00:22:39: jetzt die Partnerschaft, aber das muss ja nicht so sein. Und ja es gibt auch Freundschaften,

00:22:46: die sind sehr eng, also sexuelle Freundschaften, die sind sehr eng und man macht wirklich viel

00:22:51: zusammen und dann hängt die ganze Zeit aufeinander rum und so und alle sagen von außen,

00:22:54: das ist ja eine Beziehung, aber ich möchte trotzdem dazu ermutigen zu sagen, wenn beide von dieser

00:22:59: Beziehung sagen es ist eine Freundschaft und es ist gut so. Warum dann noch reingehen,

00:23:02: warum den Leuten irgendwas aufdrücken, warum die Eigenkategorien so mit Gewalt irgendwie über

00:23:07: diese Vielfalt von Menschen in Beziehung drüberstülpen? Ich finde es so schade.

00:23:12: Aber kann man immer so davon ausgehen, dass man, du schreibst ja auch viel über Konsens,

00:23:18: dass dann, wenn so Art Konsens mal hergestellt ist, dass dann tatsächlich das so bleibt und

00:23:24: beide auf längere Sicht so denken, wie sie es definiert haben? Weil rein theoretisch kann

00:23:30: es ja auch sein, dass da ein oder die andere mehr Gefühle entwickelt, vielleicht mehr Zeit

00:23:35: verbringen will, vielleicht dann das doch überführen will in eine Beziehung. Ich meine, also,

00:23:39: also, Konsens, wenn der einmal hergestellt ist, er bleibt auf jeden Fall nicht die ganze Zeit

00:23:45: bestehen und ich meine, ich mache mir ja in dem Buch auch sehr viele Gedanken über Ungleichheiten

00:23:51: oder Machtungleichheiten zwischen den Geschlechtern, schlicht und ergreifend um nochmal zu beleuchten

00:23:55: so, man kann sich da sehr, sehr schnell in so Konstellationen reinbegeben, wo es gar nicht mehr

00:24:02: so leicht zu entscheiden ist, ob hier wirklich freie Entscheidungen getroffen werden, ob wirklich

00:24:06: ein freier Wille besteht oder ob man da nicht auch schon irgendwie sich unterordnet oder

00:24:11: eine Form von Herrschaft ausübt und so. Also, dafür muss man auf jeden Fall sensibel bleiben,

00:24:16: gerade in heterosexuellen Freundschaften plus. Und Beziehungen, und das hat, glaube ich,

00:24:20: gar nicht so damit zu tun, ob man jetzt eine Freundschaft plus wird oder eine Freundschaft

00:24:23: oder eine Partnerschaft oder irgendwas dazwischen, Beziehungen ändern sich eh die ganze Zeit,

00:24:27: weil Menschen sich verändern, weil Lebensumstände sich verändern, weil eine Beziehung sich

00:24:32: vertieft oder voneinander entfernt. Also, da ist man konstant in Bewegung und für einen

00:24:38: Konsens, der darauf beruht, einfach aufgrund dieser Geschichte und aufgrund der Situation,

00:24:43: in der man jetzt ist und nicht in der man war von vor zwei Jahren oder so entscheidet,

00:24:47: möchte ich das oder möchte ich das nicht. Es ist immer wieder wichtig, das auch mitzunehmen

00:24:51: und zu reflektieren und reinzufühlen und nicht einfach nur so stehen zu lassen, weil wir haben

00:24:56: ja mal gesagt, wir sind nur Freunde. Was mir da sofort einfällt, ist, dass man ja auch

00:25:02: ein Sicherheitsbedürfnis haben kann und das ist ja so für viele so der Klassiker, ja,

00:25:08: man heiratet, weil man sich dann abgesichert fühlt, jetzt emotional und vielleicht auch

00:25:13: aus anderen Gründen. Das hast du in der Freundschaft plus natürlich nicht, weil es ja immer so

00:25:18: einer gewissen Gefahr auch ausgesetzt ist, dass es dann vielleicht wieder aus ist oder dass

00:25:24: der eine oder andere eben mehr oder weniger will und das ganze dann bricht. Spannend finde

00:25:29: ich es auch, dass du für viele es dann auch Statistiken heranziehst, wie viele Freundschaften

00:25:34: plus dann aus welchen Gründen wieder auseinandergehen. Was hat dich da dazu bewogen? Also, wie gesagt,

00:25:41: nur weil ich einen Buch über Freundschaft plus geschrieben habe, heißt ja nicht, dass ich jetzt,

00:25:45: wie so ein Heilsbringer jetzt sage und wenn ihr alle Freundschaften plus führt und alle eure

00:25:50: Freund:innen vögelt bis an das Ende eurer Tage, dann ist die Welt ein friedvoller Ort und weiß ich

00:25:56: nicht, wir werden schluchzen und uns in den Armen liegen. Das ist natürlich Quatsch. Also, das ist,

00:26:00: das wäre total die Verblendung und auch sehr realitätsfern. Ich finde, es gehört dazu anzuerkennen,

00:26:06: dass Freundschaften plus, obwohl ich sie erstens für möglich und zweitens für sehr schön und

00:26:11: deswegen auch für erstrebens- und begehrenswert halte, das keine konfliktfreien Beziehungen sind,

00:26:16: weil es keine konfliktfreien Beziehungen gibt. Obwohl die Beziehung durchaus eine sehr besondere

00:26:21: sein kann und wenn man den Mut eingeht, sie zu führen, dann kann man damit auch belohnt werden,

00:26:25: aber natürlich birgt sie auch Risiken. Und gerade wenn es um Sexualität geht, um Nacktheit,

00:26:31: um Verletzlichkeit, um seine Begehren so an der Oberfläche des Körpers zu zeigen, wenn dann irgendwie

00:26:37: ein Bruch reinkommt, die andere Person keine Lust mehr hat oder eher noch mal selber

00:26:43: keine Lust mehr hat, aber möchte nicht die Freundschaft gefährden und fängt dann an irgendwie nur um

00:26:48: der Freundschaft willen, sich körperlich so verletzlich zu machen und mit der Person eigentlich

00:26:53: gegen den eigenen Willen zu schlafen. Also das ist furchtbar. Also das muss auf jeden Fall

00:26:58: vermieden werden. Aber es ist eine reale Gefahr oder ein reales, Gefahr ist schon ein bisschen sehr hart,

00:27:03: vielleicht ein reales Risiko, die eine Freundschaft plus mit sich bringt und dessen muss man sich

00:27:08: bewusst sein, wenn man die eingeht. Ja, du schreibst ja auch, dass ja doch sehr viele sich dann doch

00:27:14: erhoffen, dass es mehr wird als eine Freundschaft plus. Umgekehrt, dass manche dann halt auch denken,

00:27:20: ja das ist eine bequeme Form, kurz mal Sex zu haben oder Spaß zu haben, ohne Verpflichtungen,

00:27:27: ohne sich wirklich da committen zu müssen oder Verantwortung zu haben. Da ist ja alles möglich

00:27:32: von bis. Voll, ich habe das ja in den Statistiken auch so ein bisschen gezeigt. Ich meine klar,

00:27:37: es sind Statistiken, da muss man auch mal so ein bisschen aufpassen. So gut wie alle Studien zu

00:27:41: Freundschaft plus werden an US-amerikanischen oder kananischen Universitäten durchgeführt. Die

00:27:47: abgefragte Zielgruppe hat meistens ein Durchschnittsalter von 21 Jahren. Also das ist auf jeden

00:27:53: Fall eine ganz andere Lebenssituation, als in der ich mich beispielsweise befinde. Also ich bin

00:27:56: jetzt 31. Ich habe andere Bedürfnisse an Beziehungen. Ich habe auch ein anderes Bewusstsein,

00:28:03: wie man diese Beziehungen führen kann. Also ich bin da vielleicht nicht mehr so flakey und hier

00:28:07: eine Party und da mal gucken und so weiter. Ich muss mich jetzt auch nicht mehr so krass ausprobieren,

00:28:11: sag ich mal. Also da sind natürlich Beziehungen einfach noch mal schnelllebiger. Deswegen ist

00:28:17: das ein bisschen mit Vorsicht zu genießen. Aber trotzdem zeigen diese Statistiken schon mal auf.

00:28:22: So hey, also gerade bei dem Beispiel, wenn es darum geht, wenn was passiert in der Freundschaft plus,

00:28:27: wenn man nicht mehr miteinander schläft. Das ist eine wichtige Frage. Also und da kann man relativ

00:28:32: genau in der Mitte sagen, 50 Prozent der Freundschaften

00:28:36: wird besser oder sogar viel besser und 50 Prozent der Freundschaften werden entweder einfach weniger eng oder enden ganz.

00:28:43: Das ist halt so. Aber ich sage mal, klar, wie gesagt, Sexualität ist ein bisschen spezialeres Thema,

00:28:50: aber wenn man das wirklich als eine gemeinsame Aktivität begreift, die wichtig ist in der Freundschaft, die dann endet,

00:28:55: dann kann man das auch mit anderen Freundschaften vergleichen, also so Sport-Freundschaften.

00:28:58: Wenn wir jetzt die ganze Zeit laufen würden, treffen wir uns jeden Montag zum Joggen,

00:29:02: so wäre ja schön, irgendwann dachte ich mir, ich habe keine Lust mehr, dieser schweißtreibenden Arbeit nachzugehen

00:29:08: und gehe halt nicht mit dir joggen. Was machen wir dann? Weiß ich nicht.

00:29:11: Also vielleicht fangen wir an Tee zu trinken.

00:29:14: Vielleicht läufst du in Zukunft nur noch einmal im Jahr mit mir und die Freundschaft wird weniger.

00:29:19: Oder läufst alleine, kann auch passieren.

00:29:21: Es kann auch intimer sein, Tee zu trinken mit jemandem und sich auszutauschen, als manche Ehe. Das ist ja auch wiederum das Spannende.

00:29:28: Insofern finde ich das so schön, dass bei dir alle so schön fluide ist.

00:29:31: Du hast in deinem Buch auch viel Zeit oder Platz dafür aufgewendet, über Dating-Apps zu schreiben,

00:29:38: die ja unser Beziehungsleben enorm verändert haben.

00:29:42: Ich wollte ja so ein bisschen verschiedene Phasen der Freundschaft plus auch beleuchten

00:29:48: und die Anfangsphase von Freundschaften plus finden sich nun mal heutzutage sehr oft online.

00:29:54: Das ist einfach so. Also alles, was in irgendeiner Weise romantisch oder sexuell ist,

00:29:59: obwohl es ja auch Dating-Apps gibt, die extra für Freund:innen sind, obwohl die jetzt nicht so erfolgreich sind,

00:30:04: beginnt auf diesen Apps.

00:30:08: Natürlich hat sich da auch noch ein bisschen was so getan in den letzten Jahren.

00:30:12: Also klar, Corona war so der absolute Gipfelpunkt von Online-Dating, weil alles andere nicht möglich war,

00:30:17: also Analog-Dating.

00:30:18: Und auch wenn das jetzt wieder auf dem, ich sag mal, moderates Niveau zurückgefallen ist,

00:30:24: das ist halt nicht wegzudenken aus einem modernen Dating-Leben, zumindest in der Großstadt.

00:30:28: Also ich komme ja auch vom Dorf. Also wenn du da irgendwie Tinder, Bumble, Grindr, whatever aufmachst,

00:30:35: erstens kennst du alle, zweitens bist du nach 5 Swipes irgendwie 25 Kilometer entfernt.

00:30:41: Also es ist ein bisschen witzlos, aber in Großstädten ist es natürlich anders.

00:30:47: Und mir war wichtig, da so ein bisschen darauf einzugehen,

00:30:52: welches, also was Dating-Apps eigentlich für so eine Infrastruktur aufmachen.

00:30:58: Weil das ist ja krass normiert alles, diese Profile, also wirklich innerhalb von wenigen Sekunden muss man entscheiden, passt, passt nicht.

00:31:07: Es ist eigentlich alles marktförmig organisiert, man hat ein begrenztes Kontingent,

00:31:10: wenn man jetzt nicht ein Plus-Account hat, aber den muss man ja auch mit Geld kaufen.

00:31:13: Man hat ein begrenztes Kontingent, das muss man sich irgendwie einteilen.

00:31:16: Dann hat man ja auch dann also Matches, den muss man allen geschrieben, Sachen ausmachen und so.

00:31:23: Also online Dating ist richtig Arbeit.

00:31:25: Und es ist nicht nur für alle anstrengend und eben man ist diesen Markt-Mechanismen so unterworfen,

00:31:32: sondern es gibt halt nochmal ganz krasse Geschlechterungleichheiten in der Art und Weise, wie online Dating sich real für Männer und für Frauen anfühlt.

00:31:41: Und ich meine, in meinem Buch gehe ich halt maßgeblich auf heterosexuelle Beziehungen ein,

00:31:46: schlicht und ergreifend, weil sich da am allermeisten getan hat, so in den letzten Jahren.

00:31:51: Und ich es auch mal irgendwie nett fand, so ein bisschen von dieser Außenperspektive zu sprechen.

00:31:55: Also ich habe mich da manchmal gesehen wie so ein Forscher in einem Ameisenhaufen,

00:31:59: das guckt sich von oben und denkt mir so, wow, was machen die denn da?

00:32:02: Da geht es ja, also wenn ich jetzt kurz das Thema einmal schiften darf, um wieder zu online Dating zurückzukommen,

00:32:11: bei queeren Büchern ja nicht nur darum, queere Themen, queere Beziehungen zu beleuchten und zu beschreiben,

00:32:18: sondern manchmal auch mit einem queeren Blick auf heterosexuelle Beziehungswelten zu blicken.

00:32:25: Und zu gucken, was tut sich da eigentlich? Was macht eigentlich dieser Blick von außen?

00:32:29: Und kommt man nicht da auf ganz andere Zusammenhänge oder auf andere Themen?

00:32:34: Und dann wieder zurück zum Online-Dating geschwenkt, ist es ja ohnehin so, dass die ganzen Studien

00:32:41: zur Online-Dating eigentlich nur an cis-geschlechtlichen heterosexuellen Männern und Frauen durchgeführt worden sind.

00:32:48: Alles andere ist immer so statistisches Rauschen, das wird dann irgendwie rausgerechnet oder einfach nicht mitbeachtet.

00:32:52: Und das hat auch schon Spaß gemacht, da die Studien zu lesen, weil das einfach so gewaltige Datenmengen sind.

00:32:58: Also wir geben das ja alles dann frei an Konzerne und die wissen alles über unsere, ja, intimsten Leidenschaften,

00:33:05: was man da an Chat-Nachrichten und Bildern austauscht und was man an der bloßen Präferenz so rausfinden kann.

00:33:11: Ich habe es ja in dem Buch geschrieben, also dass irgendwie der gleiche Anfangsbuchstabe schon ausreicht,

00:33:18: also des Vornamens, um eine höhere Matchrate zu erzielen.

00:33:21: Also völlig irre oder halt ein ähnliches Betriebssystem.

00:33:25: Ich meine, klar, Betriebssystemen auf Handys kann man nicht sehen, aber natürlich sind die Apple-Geräte ein bisschen höherpreisiger,

00:33:31: Android-Geräte ein bisschen niedrigpreisiger, das hat mit der sozio-ökonomischen Status zu tun und so weiter.

00:33:35: Also da kann man sehr, sehr viel ablesen, was man auf den ersten Blick gar nicht so denken würde.

00:33:40: Was ich auch spannend finde ist, dass du ja trotzdem, also Online-Dating ist ja sehr oft sehr unverbindlich.

00:33:48: Ich lese aber aus deinem Buch heraus, dass dir gewisse Verbindlichkeit,

00:33:52: ein fürsorglicher Umgang miteinander, zärtlicher, freundschaftlicher Umgang miteinander sehr am Herzen liegt.

00:33:58: Ja, das steht gewissermaßen im Konflikt, das kann ich nicht abschreiten.

00:34:02: Aber natürlich ist auch Online-Dating trotz der ganzen Ungleichheiten und der Schwierigkeiten und diesen App-Designs

00:34:10: ja trotzdem immer noch auch ein bisschen das, was man draus macht.

00:34:14: Also man kann Gespräche führen, die bestehen aus "Hi, Hi, wann treffen wir uns?" oder "Du bist heiß"

00:34:23: Aber man kann auch anders, man kann ein Profil anders gestalten, man kann andere Fragen stellen.

00:34:28: Also weiß ich nicht, ich habe, also wenn ich jetzt, ich date gerade nicht online,

00:34:33: aber wenn ich Online-Dating mache, so, dann habe ich in der Regel sehr lange Profile,

00:34:37: wo einfach viel drin steht, einfach Dinge, über die man reden könnte oder auch nicht reden könnte.

00:34:40: Also dass sich wirklich erst mal ein Gespräch entwickelt.

00:34:43: Also es ist möglich.

00:34:44: Was ich auch interessant finde ist natürlich, dass du sagst, dass du dir durchaus vorstellen kannst,

00:34:49: auch Freundschaft Plus in einer schon bestehenden festen Beziehung zu haben oder die auch quasi parallel zu führen.

00:34:57: Also eine Ehe-Beziehung und eine Freundschaft Plus.

00:35:01: Ist da nicht immer das Problem der Eifersucht eines, das wie so ein Damoklesschwert über einem hängt?

00:35:07: Ja, da sprichst du sozusagen den großen blinden Flecken des Buches an.

00:35:11: Was aber ein bisschen einfach weniger damit zu tun hat, dass ich mich damit nicht auseinandersetzen möchte,

00:35:17: sondern einfach, das ist sozusagen einfach das, was ich als Mensch mitbringe,

00:35:23: ich empfinde keine Eifersucht, also vor allem keine sexuelle.

00:35:26: Ich habe das noch nie, ich weiß nicht, wie sich das anfühlt.

00:35:28: Und ich habe in meinem Leben bisher zwei romantischen Beziehungen gehabt, auch sehr langjährige,

00:35:33: also einmal neun Jahre, die jetzige, glaube ich sechs oder so, also wirklich seit Langem.

00:35:38: Und die waren beide von Tag 1 an offen.

00:35:41: Also ich kenne monogame Partnerschaften nicht von innen.

00:35:45: Ich kenne deswegen auch keine Öffnungsprozesse, wenn man jetzt sagt, okay, wie sieht es denn aus?

00:35:51: Okay, was macht es überhaupt, wenn wir das Begehren zu anderen zulassen oder das Begehrtwerden von anderen

00:35:57: und die Eifersucht-Line, die da hochkommen und die Konflikte und die Reibung. Kenne ich alles nicht.

00:36:02: Kann ich nicht zu sagen, also Eifersucht bleibt mir immer ein bisschen äußerlich und fremd.

00:36:07: Und das ist auch okay so, ich muss nicht alles irgendwie erfahren und wissen.

00:36:11: Aber ich glaube, das ist halt eine Frage, die die anderen Leute beantworten müssen,

00:36:15: wenn sie hoffentlich auch Bücher über Freundschaft plus und verwandte Themen schreiben.

00:36:19: Also es macht mich natürlich sehr, sehr neugierig, weil natürlich immer die Frage ist,

00:36:24: wenn der Partner jetzt mit wem anderen viel Zeit verbringt, du schreibst ja eben auch Intimität, Austausch, Fürsorge,

00:36:31: es kommt ja alles in der Freundschaft auch vor, hat man ja schon auch so ein bisschen Angst und Sorge,

00:36:36: dass der die andere Person vielleicht jetzt so attraktiv finden könnte, dass er sagt,

00:36:40: du irgendwie würd ich mit dem oder der dann mehr Zeit verbringen wollen oder sich dann komplett vielleicht

00:36:45: in die Beziehung stärker involviert.

00:36:49: Diese Sorge hast du für dich nicht?

00:36:52: Nee, ehrlich gesagt nicht.

00:36:54: Aber das, also ja, ich kann wirklich nicht so viel dazu sagen.

00:36:59: Ich führe meine Beziehungen einfach sehr, sehr verbindlich und auch sehr, sehr ehrlich.

00:37:04: Also selbst wenn ich mich verliebe, was sehr selten vorkommt, also ich bin jetzt nicht so der

00:37:09: jeder Sommer, den neuen Crush irgendwie am Ausbreiten, aber selbst das kann ich offen äußern

00:37:18: oder es wird mir gegenüber offen geäußert, ohne dass das irgendwie ein Problem ist.

00:37:21: Und ich sehe, dass das eine Art und Weise ist, Beziehungen zu führen, dass selbst über

00:37:25: wirklich eine Form von romantischer Liebe zu anderen Menschen gesprochen werden kann.

00:37:28: Und man schläft miteinander und so weiter.

00:37:30: Und das keine Einführung verursacht, das ist schon sehr selten.

00:37:33: Also das kann ich nun wirklich nicht als Norm setzen und das wäre vermessen.

00:37:37: Und das hat nichts damit zu tun, dass ich das irgendwie bewerten möchte.

00:37:41: Ich bin froh, dass es bei mir so ist.

00:37:43: Aber meine Güte, Menschen haben verschiedene Erfahrungen gemacht.

00:37:46: Menschen sind verschieden groß geworden.

00:37:48: Also wer wäre ich, das zu verurteilen?

00:37:50: Das ist halt auch irgendwo menschlich sich Sorgen zu machen, Eifersucht zu empfinden,

00:37:55: die Unsicherheit nicht gut zu ertragen.

00:37:57: Meinst du, das ist eine Form von Mangel an Selbstbewusstsein oder eben starken Selbstbewusstsein,

00:38:03: wenn das keine Probleme verursacht?

00:38:05: Na ja, da ist man ja schon wieder in so einer Wertung drin,

00:38:07: also die ich ein bisschen vermeiden möchte.

00:38:09: Ich glaube dafür kann man halt niemanden verurteilen.

00:38:12: Also Menschen sind halt so wie sie sind und damit muss man halt klarkommen.

00:38:15: Und Beziehungen versuchen, das ein Stück weit aufzufangen,

00:38:19: was Menschen irgendwie auch als Mangel oder als Problem erleben, so weit es eben geht.

00:38:23: Ich meine, es gibt ja, also ich sag mal, in diesem Bereich oder in diesem,

00:38:26: also wenn es gerade um Sexualität geht, was andere miteinander teilen können,

00:38:30: auch mit einer Partnerin und einem Partner,

00:38:32: da habe ich ein sehr starkes Selbstbewusstsein.

00:38:34: Da ist mir das einfach komplett egal, aber es gibt andere Dinge,

00:38:36: wo ich einfach auch, wo ich sensibler bin und wo ich mehr Probleme habe.

00:38:39: Also ich glaube, das würde ich jetzt nicht unbedingt sagen,

00:38:42: das hat generell mit einem niedrigen Selbstwertbewusstsein zu tun.

00:38:45: Also manchmal kann es auch wirklich nur diese eine Sache betreffen.

00:38:47: Und dann kommt es halt darauf an, wahrscheinlich,

00:38:49: dass man das alles äußert und bespricht und ausspricht und sagt,

00:38:52: wo halt so die eigenen Verletzlichkeiten liegen und die eigenen Sensibilitäten.

00:38:56: Das ist meine Strategie.

00:38:57: So Paartherapeut:innen, wie zum Beispiel Esther Perel oder so würden sagen,

00:39:01: das muss gar nicht sein.

00:39:02: Also sie führt ja in ihrem Buch über Affären sehr breit aus,

00:39:09: dass es für eine Beziehung gar nicht immer so dienlich sein kann,

00:39:12: immer die Wahrheit zu erzählen.

00:39:13: Weil warum erzählt man sich Dinge? Um sein eigenes Gewissen zu entlasten?

00:39:19: Um die andere Person irgendwie zu comforten? Um die Beziehung zu vertiefen?

00:39:24: Oder wirklich was für die Beziehung zu tun?

00:39:25: Oder vielleicht sogar im Gegenteil um die Beziehung zu sabotieren?

00:39:28: Und das sind ja alles Fragen, die man sich schon stellen muss,

00:39:30: wenn man so ehrlich zueinander ist.

00:39:32: Weswegen, ich habe dieses Konzept von dieser radikalen Ehrlichkeit

00:39:35: so ein bisschen schwierig finde,

00:39:37: weil das manchmal auch nur radikale Grausamkeit ist,

00:39:40: wo man dann eigentlich nur für das eigene Ego einfach Sachen raushaut.

00:39:45: Das muss nicht gut sein.

00:39:47: Wenn man jetzt die Institution der Ehe nimmt,

00:39:49: dann hatte die ja im Laufe der Geschichte verschiedenste Bedeutungen,

00:39:53: ja auch für Gesellschaften.

00:39:54: Und eine der Bedeutungen ist ja oft auch,

00:39:57: also wenn man jetzt zum Beispiel Kinder hat,

00:39:59: dass das auch in einem bestimmten abgesicherten wirtschaftlichen Rahmen

00:40:04: dann stattfindet und dass die dann sozusagen versorgt sind.

00:40:09: Dein Konzept der Freundschaft Plus ist ja schon so ein bisschen bedroht,

00:40:14: wenn auf irgendeiner Seite dann Kinder mit im Spiel sind.

00:40:19: Das ist wahr.

00:40:22: Obwohl das war ja schon in deiner Frage so ein bisschen mit enthalten,

00:40:26: liegt das glaube ich gar nicht so sehr an der Beziehung Freundschaft Plus

00:40:31: oder Partnerschaft selber,

00:40:32: sondern an den rechtlichen Rahmenbedingungen,

00:40:37: die diese Beziehungen irgendwie einhegen oder eben auch nicht einhegen.

00:40:40: Also ich meine, die Ehe, das zeigt sich auch so in der Geschichte,

00:40:46: hat sich immer weiter so abgelöst von religiösen Normen

00:40:50: oder so patriarchalen Normen von mir aus

00:40:52: und wurde eigentlich immer mehr ein sehr trockenes,

00:40:57: sekulares Rechtsinstitut,

00:40:59: was dafür da ist, um Sorge und Eigentumsrechte ordentlich abzusichern.

00:41:03: Und zwar vom Anfang bis zum Ende,

00:41:06: also was Vermögen und Eigentum und Erbe angeht,

00:41:09: was Geburt und Pflege und Tod,

00:41:12: all diese ganzen Sachen,

00:41:13: die werden alle mit diesem Rechtspaket Ehe irgendwie zusammengeschnürt,

00:41:16: da kann man ein Unterschrift setzen und dann sind die da,

00:41:18: kann man noch mit Privatverträgen noch ein bisschen ausstaffieren und das war's.

00:41:21: Wenn man das jetzt wirklich ernst nimmt

00:41:25: und Freundschaften oder Freundschaft zentrierte Lebensweisen leben möchte

00:41:31: und auch ähnlich abgesichert leben möchte,

00:41:34: dann fände ich es total sinnvoll und wichtig, dass man sich gesellschaftlich darüber Gedanken macht,

00:41:39: ob man nicht ähnliche Pakete, sag ich mal, schnüren kann.

00:41:42: Die müssen nicht so umfassend sein wie die Ehe.

00:41:44: Das ist ja wirklich der absolute Hammer, da ist ja wirklich alles dabei.

00:41:48: Aber warum nicht zum Beispiel, weiß ich nicht,

00:41:51: so ein Kinder-Sorge-Paket oder so?

00:41:55: Und dann kann man sagen, okay, das ist eine Freundin oder ein Freund,

00:41:58: die ist mir so nah und so vertraut,

00:42:02: ich möchte eigentlich mit ihr zusammen Kinder großziehen.

00:42:05: Warum nicht?

00:42:07: Und dass man das irgendwie einfach regeln kann,

00:42:10: dann fällt auch ganz viel von diesem starken Gefälle von der Ehe,

00:42:13: nochmals anders als einfach nur die Partnerschaft, das muss ja keine Ehe sein,

00:42:16: die Ehe und allen anderen Beziehungen ein bisschen weg.

00:42:19: Also da hat ja auch, also zumindest in Deutschland die Bundesregierung gewisse Pläne,

00:42:25: ob die das durchsetzen, da haben sie gerade andere Themen, die wohl wichtiger scheinen

00:42:29: und das ist ja auch familienpolitisch ein großer Akt,

00:42:31: weil das ja wirklich auch sehr alte Rechtsinstitute sind,

00:42:35: die da echt neu gedacht werden müssen.

00:42:37: Ich hoffe wirklich, dass das mehr um sich greift.

00:42:40: Dass man so, ich glaub es heißt dann jetzt Verantwortungsgemeinschaft oder so

00:42:44: da finde ich eigentlich total sinnvoll.

00:42:45: Ich finde das ein total wichtiges Thema, weil man hat ja bei Corona jetzt gesehen,

00:42:49: dass plötzlich nur noch die quasi Kernfamilie, biologische Familie,

00:42:54: sich treffen durfte.

00:42:56: Gerade beim ersten Lockdown war das ja eklatant strikt

00:43:00: und das war ja meilenweit davon entfernt, dass man sagt,

00:43:03: Leute, die sozusagen eine Beziehung Bindung zueinander haben dürfen sich treffen.

00:43:07: Also da ist ja einiges zu tun.

00:43:09: Voll. Also da merkt man auch, wie so wenn dann so eine Notsituation kommt,

00:43:13: fällt man so wie aus dem Rückenmark total zurück in so archaische "die Familie" Muster

00:43:20: Obwohl nach außen hin und naja, wir sind eine moderne aufgeklärte Gesellschaft und so weiter,

00:43:25: ja eigentlich schon ganz andere Normen vertreten werden, aber wie stabil die sind,

00:43:29: zeigt sich dann auch sehr schnell, wenn sie mal belastet werden.

00:43:32: Ja genau. Was würdest du dir wünschen? Was soll dein Buch bewirken?

00:43:36: Ich glaube, das Wichtigste ist mir wirklich aus diesen starren Kategorien auszubrechen.

00:43:41: Damit ist wirklich niemandem geholfen, wenn man versucht, Beziehungen irgendwie zu zwei- oder zu vierteilen

00:43:47: und dann irgendwie das Gefühl hat, Menschen besser zu verstehen.

00:43:50: Also ich glaube, wir kommen echt weiter, wenn wir Beziehungen mehr in Übergängen denken,

00:43:56: mehr in Widersprüchen, mehr in Bewegung, auch in der historischen oder von mir aus

00:44:00: soziologischen oder politischen oder ethischen Bewegung.

00:44:03: Also es hört nicht auf, dass Menschen sich auf immer wieder neue Weisen miteinander in Beziehung setzen.

00:44:09: Und das ist schön und das macht Spaß und dafür brauchen wir nicht eine Zweiteilung von dort die Freundschaft

00:44:15: und dort die Paterschaft oder die Ehe.

00:44:18: Was ich ganz schön fand in deinem Buch waren die Danksagungen, die sind nämlich sehr, sehr persönlich.

00:44:24: Und ich habe mir dann gedacht, ich würde alle die genannt sind, irgendwie gerne kennenlernen.

00:44:29: Hättest du nicht Lust auf irgendwas Fiktionales oder irgendein persönliches Buch, wo die alle vorkommen in irgendeiner Konstellation?

00:44:36: Das ist eine interessante Idee, habe ich noch nicht darüber nachgedacht.

00:44:39: Aber diese Danksagungen waren auch so, sind auch schon besonders für mich, weil ich weiß nicht,

00:44:45: dass auch während des Schreibens so gemerkt die Art und Weise wie ich so, sagen wir mal, intellektuell versuche,

00:44:53: Welt zu verstehen, geschieht immer sehr stark mit und durch Beziehungen.

00:44:59: Und weniger jetzt in so einer autobiografischen Nabelschau, die dann versucht alles an meiner eigenen Identität oder so festzustellen,

00:45:06: sondern halt ja, mit Menschen.

00:45:09: Und dieses Buch wäre absolut unmöglich gewesen zu schreiben, ohne diese Menschen.

00:45:14: Und das ist jetzt nicht nur so eine billige Floske, sondern das ist wirklich eine reale Tatsache.

00:45:19: Also das, was mich in Freundschaften, in sexuellen Freundschaften bewegt hat und was mich berührt hat.

00:45:26: Und so, das musste ich ja auch erstmal erfahren. Von dieser Leidenschaft oder von dieser Geborgenheit oder von dieser Wärme

00:45:38: spreche ich zwar nicht explizit in dem Buch, weil es wie gesagt, es ist ein Sachbuch und auch kein erzählendes Sachbuch, sondern wirklich ein quellenbasiertes Sachbuch.

00:45:47: Aber um überhaupt auf diese Themen einen Zugriff zu haben, um wirklich mich da so rein bewegen zu können,

00:45:54: brauche ich diese Erfahrungen, brauche ich diese Menschen, brauche ich diese Erinnerungen und diese Gefühle und diese Liebe.

00:46:00: Sehr schön.

00:46:02: Und nächstes Projekt gibt es schon was? Ein Buch über Eifersucht vielleicht?

00:46:06: Ja, das ist für mich auf jeden Fall raus der Komfortzone

00:46:09: Ja, ich weiß nicht, ob ich darüber sprechen kann schon, weil...

00:46:14: Musst du sagen.

00:46:15: Also, ich glaube, ich möchte es noch ein bisschen geheim halten.

00:46:19: Ja, gut, dann sind wir sehr gespannt, was auf uns zukommt.

00:46:22: Vielleicht ein Zeitrahmen, wo wir dann was von dir wieder hören erfahren.

00:46:26: Also ich sag mal, das Exposé ist schon abgegeben und es ist auch schon nicht wenig davon geschrieben.

00:46:33: Also ich bin ein sehr fleißiger Schreiber.

00:46:35: Sehr gut. Und in der Zwischenzeit gehst du jetzt auf Lesetour und bist in ganz Deutschland auch unterwegs?

00:46:40: Ja.

00:46:41: Um Freundschaft plus, "Freunde lieben", der Titel des Buches zu promoten und darüber zu sprechen.

00:46:48: Ich freue mich schon sehr.

00:46:49: Ich hoffe, es sind sehr spannende Veranstaltungen.

00:46:52: Dann wünsche ich dir tolle Zeit und vielen lieben Dank, dass du zu uns nach Wien gekommen bist.

00:46:56: Sehr gerne. Ich danke dir für die Einladung.

00:46:58: [Musik]

00:47:08: Ja, und bei mir hat jetzt wieder Katia Schwingsandl Platz genommen.

00:47:12: Katia, was gibt es bei dir in der Redaktion der Buchkultur Neues?

00:47:16: Ja, genau. Jetzt ist gerade unser neues Heft erschienen, nämlich die Ausgabe 212.

00:47:20: Und darin zu entdecken gibt es jetzt eine neue Rubrik, die haben wir genannt "Eingekreist".

00:47:27: Und diesmal geht es da um die Themen des Jahres 2024.

00:47:33: Und was sind die Themen des Jahres 2024?

00:47:36: Das sind natürlich die Frage, die kommen muss.

00:47:38: Wenn du mich schon so neugierig machst.

00:47:40: Genau. Natürlich sind wir da ein bisschen abhängig davon, was da gerade so erscheint.

00:47:45: Das heißt, bei uns sind das vielleicht ein bisschen spezifischere Themen.

00:47:49: Aber zum Beispiel gibt es da diverse Geburtstage, Todestage.

00:47:55: Der Urs Widmer hat zum Beispiel seinen 10. Todestag oder der Christoph Ransmayr hat seinen 70er.

00:48:03: Dann widmen wir uns unter anderem der bevorstehenden Präsidentschaftswahl in den USA

00:48:11: und haben da einen Schwerpunkt zu gewissen Neuerscheinungen, die sich da halt um die USA drehen.

00:48:18: Zum Beispiel Paul Auster hat ein Buch über Schusswaffen in Amerika geschrieben.

00:48:23: Und ihr habt es ja auch in dieser Reihe über Amerika eine Schriftstellerin,

00:48:28: die man vielleicht nicht erwarten würde in so einer Sammlung aus Amerika, nämlich:

00:48:33: Genau. Wir haben uns gedacht, dass das neue Buch "Iowa" von der Stephanie Sargnagel da auch ganz gut reinpasst.

00:48:39: Einfach so als Sittenbild quasi.

00:48:43: Ich finde es so einen schrägen Mix.

00:48:45: Ja, das stimmt. Das war natürlich beabsichtig.

00:48:48: Da gibt es ja glaube ich noch ein sehr leicht lesbares Buch von einem früheren ARD-Korrespondenten,

00:48:54: Arthur Landwehr. Wie Amerika tickt mit Besprechungen, wie man Amerika und die Amerikaner:innen besser verstehen kann, finde ich auch sehr spannend.

00:49:05: Also, witzige Zusammenstellung der vier Autorinnen und Autoren.

00:49:09: Genau. Das ist dann zum Beispiel eben in der neuen Rubrik in unserem neuen Heft nachzulesen alles.

00:49:16: Und es gibt ja sozusagen Folge 2 einer anderen auch neuen Rubrik. Wie schaut's da aus?

00:49:23: Genau. Also wir haben jetzt schon zum zweiten Mal die "Literatursprechstunde" von der Maria-Christina Piwowarski drinnen.

00:49:31: Und diesmal fragt sie sich, wie man denn eigentlich mehr Lesen ins Leben integrieren kann.

00:49:38: Und das ist eigentlich ganz lustig, weil sie meint, die Buchkultur in den Händen zu halten ist schon der erste Schritt.

00:49:43: Sich quasi inspirieren lassen und ich glaube, ich persönlich glaube auch, dass das so ein bisschen der Trick dahinter ist,

00:49:50: dass man einfach schaut, was spricht einen wirklich an, dass man sich nicht durch irgendwas durchquält und so weiter.

00:49:57: Das wäre so ein bisschen mein Tipp, wie man mehr Lesen in sein Leben integrieren kann, dass man so den Druck rausnimmt, der das so drauf lastet.

00:50:05: Ich weiß nicht, wie das bei dir ist zum Beispiel.

00:50:08: Also was die Buchkultur betrifft, ist immer so, ich blätter durch und kreise dann mit Bleistift ein.

00:50:14: Bücher, wo ich denke, die muss ich mir unbedingt besorgen und das sind meistens 6 oder 7, das ist natürlich viel zu viel.

00:50:21: Aber man hat da schon wirklich Lust dann drauf durch die Besprechungen und ist dann sozusagen immer, ja, also du weißt immer,

00:50:30: tolle Titel, die sicher kein Fehler sind, wenn man sie liest, das ist schon mal erste Orientierungshilfe und bei mir ist es ja generell so,

00:50:40: dass ich mich ja freue, wenn ein bisschen Zeit ist zum Lesen, weil ich es einfach so gern mache.

00:50:45: Ja, quasi lesen als Belohnung.

00:50:48: Das ist eigentlich spannend, die unterschiedlichen Zugänge, weil in der Kolumne von der Maria ist es genau andersrum.

00:50:54: Sie als jetzt mittlerweile ehemalige Buchhändlerin musste sich eigentlich immer eher pflichtbewusst zum Lesen bringen

00:51:02: und hat das eher so gehalten, dass sie sich dann quasi, wenn sie 50 Seiten gelesen hat, danach mit einer Serie oder mit Hundevideos oder so belohnt hat.

00:51:13: Also so geht es auch.

00:51:14: Das ist ungefähr so wie Gymnastik machen oder irgendwie Treppen steigen oder die Schritte zählen und dann darf man irgendetwas Nettes wieder essen oder so.

00:51:22: Genau, also...

00:51:23: Wie ist das bei dir? Du musst ja relativ viel lesen für die Zeitschrift.

00:51:27: Genau, ich weiß nicht, warum das bei mir so ist, aber vielleicht ist das, weil ich das große Privileg hab, dass ich mir alles aussuchen kann, was ich les.

00:51:36: Dass ich das einfach wirklich gern mach. Also man sollte denken, ich hätte da einen Druck dahinter, aber mir macht es nach wie vor eigentlich großen Spaß

00:51:44: und muss mich da lustigerweise zu nichts zwingen. Also Gott sei Dank.

00:51:48: Ich frage mich ja, ob es nicht auch so ein bisschen Generationsfrage ist, weil ich bin ja doch jetzt schon älter und in meiner Jugend gab es ja wenige Attraktionen,

00:51:57: vor allem wenn man am Land aufwächst. Ja, Fernsehen, Internet, Mediatheken gab es ja überhaupt nicht. Also Fernsehen gab es schon, aber jetzt nicht ständig verfügbar.

00:52:08: Mediatheken keine natürlich und Social Media auch noch nicht. Und lesen war immer eine schöne Möglichkeit, abzutauchen in eine andere Welt irgendwie einzutauchen.

00:52:17: Ja, mal zwischendurch sich eine Auszeit zu gönnen und wie gesagt, nach Mitternacht gab es das Testbild und wenn man dann irgendwie Input Geistigen wollte,

00:52:27: war da lesen die gute Alternative. Ja, das hat sich sicher ziemlich verändert, also was da quasi das Belohnungssystem ist oder so.

00:52:36: Aber ich muss gestehen, es ist bei mir jetzt auch so, natürlich bei einem Überangebot von Serien und spannenden Serien kommt ja dauernd was Neues.

00:52:44: Denkt man dann schon Serien oder jetzt das Buch, das ich auf dem Tisch hab? Ja, aber ich denke mir, es muss natürlich kommen.

00:52:51: Also wenn du auf das Lust hast, hast du auf das Lust und es ergänzt sich ja auch sehr schön. Ja, es ergänzt sich und es ist halt schon der Vorteil beim Lesen,

00:52:58: ist immer mal kreiert sich eine eigene Welt und ich finde es immer sehr spannend sich die Figuren irgendwie vorzustellen oder die Settings vorzustellen.

00:53:06: Das ist natürlich beim easy Serien Schauen sehr vorgegeben und das ist so ein bisschen Kreativität hindernd und das find ich dann auch wieder sehr schön.

00:53:16: Und es geht halt eigentlich Tiefe und oft zieht man ja irgendwelche Bücher, deren Anspringen, die gerade mit meinem eigenen Leben zu tun haben und wo dann irgendwelche Lebensfragen

00:53:27: auch beantwortet werden. Kann jetzt bei Serien auch sein, aber ist bei Büchern irgendwie schöner finde ich. Ja, ja, irgendwie ja.

00:53:33: berührt es mich auch immer ein bisschen mehr, aber natürlich je nach Laune, also ich kann durchaus zugeben, ich schaue auch Serien und Filme und habe auch durchaus

00:53:43: meine Phasen, wo ich nicht lesend auf dem Sofa liege. Soll ja auch erlaubt sein. Aber das ist ja auch wieder das Schöne eben an der Buchkultur finde ich an den Schwerpunkten, dass zu bestimmten Themenbereichen ihr dann ja super Tipps gebt und das dann auch immer so Anregungen sind, sich mit dem Thema näher zu befassen und dann vielleicht ein Buch dazu zu kaufen.

00:54:04: Was ist jetzt im neuen Heft, was habt ihr euch da überlegt?

00:54:08: Mich hat das total überrascht. Mir fallen natürlich immer wieder bei Vorschauen irgendwie so rote Fäden und Muster auf, aber diesmal war das unglaublich wie viele Romane und auch so eigentlich Bücher generell, irgendwie auch Berichte, Essays zum Thema Psychiatrie erscheinen und das haben wir jetzt zusammengefasst unter dem doppelseitigen, also für den doppelseitigen

00:54:33: Artikel unter dem wunderschönen Titel "Irre sein ist menschlich" und da hat mich zum Beispiel besonders beeindruckt, das Buch von dem Roger van der Velde, einem Belgier, der selbst seine Psychiatrieerfahrungen, also er war stark medikamentenabhängig, ist daran dann auch gestorben und war quasi als einer der wenigen nicht komplett Irre in diesen Räumlichkeiten

00:55:02: und hat das aber mit wahnsinnig viel Respekt auch vor seinen Mitinsassen und so hat er quasi seine Geschichten über diese Menschen, die mit ihm da drinnen waren, niedergeschrieben.

00:55:14: "Knisternde Schädel" heißt das Buch genau und jetzt neu aufgelegt, genau das würde ich persönlich jetzt empfehlen und hat mich beeindruckt.

00:55:26: Ich glaube es ist ja auch so eine schwierige Zeit im Moment mit Krisen und Kriegen und nach Corona sind alle, ja also man muss ja schon schauen, dass man nicht belastet ist von den Dingen, die rund um einem passieren und es gibt ja glaube ich auch sehr große Anstiege bei psychischen Erkrankungen auch bei Jugendlichen

00:55:46: und insofern ist es glaube ich schon ein wichtiges Thema einfach zu schauen, was. Es gibt ja nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die psychische Gesundheit.

00:55:56: Absolut, das Verrücktsein normalisieren, vielleicht wäre das ein schöner Aufhänger, ja.

00:56:02: Das ist eine schöner Gedanke, wobei ja immer die Frage ist, was ist normal, was ist die Norm und wie sehr wird die sozusagen als Ideal hingestellt?

00:56:13: Also hin und wieder verrückt sein, finde ich auch sehr nett.

00:56:16: Ja, auf jeden Fall. Ja, vielleicht kann ich das ein bisschen weiter verfolgen.

00:56:19: Es erscheinen jetzt nämlich in nächster Zeit auch noch mal extrem viele Bücher zu dem Thema.

00:56:26: Wir hätten noch genau so einen zweiten Artikel im nächsten Heft machen können, da habe ich mich dann dagegen entschieden, aber vielleicht können wir das ja noch ein bisschen weiter verfolgen.

00:56:36: Ja, finde ich ein spannender Ansatz.

00:56:39: Ja, dann danke ich dir Katia, dass du wieder bei mir warst und aus der Redaktion geplaudert hast sozusagen und freue mich schon auf nächstes Mal. Danke dir.

00:56:48: Ich sag auch, danke.

00:56:51: [Musik]

00:57:05: [Musik]

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