05 Jorghi Poll: Zitronengelb mit ein bisschen Schwefel drin
Shownotes
Er hat nicht nur den aktuellen Look vom Magazin Buchkultur entworfen und zeichnet nach wie vor unsere Coverillustrationen, sondern ist vor allem als Co-Verleger und -Eigentümer der Edition Atelier seit über 10 Jahren in der österreichischen Buchbranche hochaktiv: Jorghi Poll erkennt interessante aktuelle wie zeithistorische Stories genauso wie gute Gestaltung und spricht mit Petra Gruber anhand einiger Lieblingsbücher aus den letzten Jahrzehnten über das möglichst gelungene Zusammenspiel von beidem, über Ökonomie und Ökologie in der Buchbranche und wie Künstliche Intelligenz Buchinhalte zukünftig sinnvoll erweitern könnte.
Jorghi Poll lebt und arbeitet als Verleger, Grafiker und Lektor in Wien. Seit 2012 führt er gemeinsam mit Sarah Legler den Buchverlag Edition Atelier. Poll übernahm von 2020 bis 2022 die Chefredaktion und Artdirektion des Magazins Buchkultur und illustriert bis heute unsere Cover.
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Transkript anzeigen
00:00:00: [Musik]
00:00:20: Zu Gast ist heute bei mir Jorghi Poll. Hallo!
00:00:23: Hallo! Jorghi, du bist das Mastermind hinter den Covern der Buchkultur und wir sitzen hier auch in der Buchkultur in den Redaktionsräumen.
00:00:33: Ich würde mal sagen ein Gründerzeitbau mit sehr hohen Räumen, was auch so ein gewisses Echo erzeugt und so ein bisschen einen Hall erzeugt.
00:00:41: Aber das wollen wir mit unserem Podcast ja auch.
00:00:45: Vor mir liegt eine Ausgabe der Buchkultur, die mich besonders angesprochen hat vom Cover und zwar ist es die Buchkultur mit dem Schwerpunkt damals »historisch verreisen«.
00:00:55: Und ich sehe auf dem Cover eine Frau aus dem Barock mit einem wunderschönen Kleid, so ein bisschen eine Mischung zwischen Sissy, kommt mir vor, und Angelina Jolie, so vom ästhetisch-optischen,
00:01:10: mit einer wunderbaren Turmfrisur mit einem Schiff drauf und das ganze sehr pastelig gehalten und einem Anker Tattoo.
00:01:19: Das ist natürlich auch was, was mich gleich gecatcht hat.
00:01:21: Meine Frage dazu, wie entstehen bei euch in der Buchkultur die Cover?
00:01:26: Wir haben uns beim Relaunch, für den Relaunch des Heftes überlegt, dass wir deutschsprachige Autorinnen und Autoren aufs Cover geben wollen und zwar illustriert.
00:01:36: Nicht per Fotos, also die ganzen Autor/innen-Fotos kennt man immer von Verlagsseiten, das ist eigentlich der State of the Art.
00:01:44: Wir wollten eigentlich was imposanteres machen und etwas, wo man einfach sofort merkt, da ist eine Wertigkeit da und haben uns dann einfach für diese Autor/innen-Illustrationen entschieden.
00:01:58: Es gibt natürlich auch Zeiten, wo es keine literarischen Neuerscheinungen gibt, das ist eher so gegen Sommer, da kommen dann so ein bisschen Unterhaltungsbücher rein,
00:02:07: wie in diesem Fall und wir haben dafür eine Themenstrecke genommen, eben das historische Verreisen, das ging dann von Humboldt bis in die Gegenwart
00:02:17: und wir haben dazu natürlich dann auch so ein thematisches Cover. Und die Figur, die Ähnlichkeit mit der Jolie ist glaube ich zufällig.
00:02:26: Ich würde da auch vielleicht sogar ein bisschen widersprechen, weil ich finde das nämlich gar nicht, die Jolie hat so aufgespritzte Lippen, das ist bei der eigentlich gar nicht der Fall,
00:02:33: aber sie ist im Profil dargestellt, also deswegen sieht man das vielleicht auch nicht so.
00:02:37: Und wir wollten da einfach auch eben die Brücke bauen zwischen den Zeiten, also zwischen, also Barock, ist es jetzt nicht unbedingt, also Barock war kurz davor,
00:02:49: aber so Humboldt und bis in die Gegenwart einfach auch durch dieses Tattoo, das so ein bisschen der kleine Verweis auf die Gegenwart darstellt.
00:03:01: Und die Farbgebung ist natürlich dem Thema eigentlich auch angemessen und halt irgendwie zusammen konzipiert.
00:03:08: Also ich sehe sehr viele Pastelltöne, würdest du sagen, du bist ein Pastellton-Lover?
00:03:16: Also ich bin auf jeden Fall kein 100% Magenta oder 100% Gelb oder 100% Cyan-Typ, sondern bei mir sind es eher so die Nuancen und auch einfach die spannendere Frage,
00:03:30: welche Farbbereiche passen gut zusammen, harmonieren miteinander, harmonieren auch vielleicht auch mit den Kontrasten, die es im Bild gibt, harmonieren mit dem dargestellten Motiv.
00:03:44: Und das ist bei meinen Illustrationen eigentlich oft sehr unterschiedlich.
00:03:48: Es gibt durchaus Illustrationen mit sehr satten Farben, mit sehr kräftigen Farben, aber das kommt immer so ein bisschen drauf an.
00:03:55: Also wie man hört, geht es bei uns heute um Gestaltung von Covern, Gestaltung von Büchern.
00:04:01: Du bist ja nicht nur sozusagen das Mastermind hinter den Buchkultur Covern, sondern hast auch einen eigenen Verlag,
00:04:08: wo du im Jahr so zwischen 10 und 12 Bücher rausbringst.
00:04:12: Worauf kommt es denn bei Buchgestaltung an?
00:04:16: Also wenn man jetzt, es ist ja nicht nur das Cover das einem gefallen muss und auffallen muss, sondern es gibt ja auch so Tendenzen,
00:04:23: dass man den Schnitt jetzt anders macht.
00:04:27: Ich kann mich erinnern, ich war vor Jahren in Amerika und fand es immer sehr spannend,
00:04:31: dass es dort sehr knallige Schnitte auch gab, farbige in irgendwelchen Neonfarben.
00:04:37: Da gibt es jetzt auch schon Tendenzen bei uns, wo das ein bisschen auffallender, aufwendiger gestaltet wird.
00:04:45: Ja, wie gesagt, nicht nur Cover, sondern auch Schnitt, was gehört alles dazu für dich, damit ein Buch gut gestaltet ist?
00:04:53: Also es ist eigentlich in all Bereichen von Büchern wichtig, das gestalterisch zu durchdenken.
00:05:00: Das geht vom Inhaltlichen, vom Buchsatz natürlich, zur Covergestaltung, zum Buchrücken.
00:05:07: Wir haben auf unserer Website die Bücher, das allererste, was man sieht, sind die Buchrücken.
00:05:11: Und seitdem wir diese Website haben, habe ich sehr viel genauer hingeschaut, wie ich die Buchrücken gestalte.
00:05:17: Bis hin natürlich irgendwie die Art der Ausstattung, also welche Papiere verwendet man, für welches Buch.
00:05:23: Wir haben einen zweiten Programmschwerpunkt neben Zeitgenössische Literatur, der auf Literatur aus dem 20. Jahrhundert Bezug nimmt.
00:05:31: Und da machen wir prinzipiell statt alte eingefärbte schwarz-weiß Fotos zu nehmen für das Cover.
00:05:36: Machen wir einen halbleinen Einband und Illustrationen.
00:05:40: Und das erkennt man natürlich schon, dass es ein Buch aus der Zwischenkriegszeit ist, oder ein Exilroman ist.
00:05:45: Aber man hat die trotzdem immer so ein bisschen in die Gegenwart geholt, es ist ein bisschen frischer.
00:05:51: Es ist durchaus auch ein bisschen bunter und erzeugt irgendwie einen wertigen Habitus,
00:05:57: sage ich jetzt mal, so beim Buch auch, wenn man es in die Hand nimmt.
00:06:01: Und das funktioniert sehr gut. Wir verkaufen die Bücher auch sehr gut.
00:06:06: Nicht alle natürlich, aber schon zum großen Teil.
00:06:10: Und wenn man weiß, welches Buch man macht und sich Gedanken darüber macht, warum man es macht,
00:06:16: sollte man sich auch Gedanken darüber machen, wie man es macht.
00:06:20: Ich habe dich gebeten, dass du für unser Gespräch heute auch eigene Bücher mitbringst,
00:06:25: die dir besonders gefallen oder besonders gelungen erscheinen. Was hast du denn mitgebracht?
00:06:30: Also ich habe drei Bücher mitgebracht. Das eine ist vom Karel Čapek, »der Krieg mit den Molchen«.
00:06:36: Ursprünglich ist das Buch erschienen, ich glaube, 87 im Aufbauverlag in der DDR.
00:06:42: Es ist illustriert von Hans Ticher.
00:06:45: Und das ist eigentlich sein, ich mein er hat mehrere Meisterwerke gemacht, aber das sticht daraus wirklich hervor.
00:06:52: Weil dieses Buch eigentlich schon, sie wollten es schon in den 70ern machen,
00:06:58: der Verlag hat es dann aber so verzögert, dass Ticher dann, glaube ich, zwei Jahrzehnte Zeit hatte
00:07:05: oder knapp zwei Jahrzehnte Zeit hatte zu illustrieren.
00:07:09: Da sind mehrere hundert Illustrationen, die sind auch teilweise sehr unterschiedlich.
00:07:13: Trotzdem kommen sie alle wirklich zusammen.
00:07:15: Es ist fern davon irgendwie das, was man so künstliche Homogenität nennt, zu erzeugen.
00:07:22: Das Schriftbild ist wahnsinnig anspruchsvoll und höchst unterschiedlich.
00:07:27: Es gibt sehr viele unterschiedliche Schriften drin.
00:07:30: Es sind Zeilen gesperrt, andere wieder nicht.
00:07:33: Und trotzdem kommt das so gut zusammen mit den Illustrationen, mit dem Buchsatz und der Gestaltung,
00:07:41: wie kaum ein anderes Buch.
00:07:43: Also es ist wirklich ein ganz, ganz herausragendes Buch.
00:07:46: Ich habe eben die 2016er Edition der Büchergilde.
00:07:50: Das Aufbau-Buch habe ich nicht, aber es ist wirklich grandios, was der Ticher da geschafft hat mit diesem Buch.
00:07:59: Sehr schönes Cover auch finde ich wieder im Pastellgelb.
00:08:02: Das zieht sich ja ein bisschen durch bei uns.
00:08:05: Also vom Buchkultur Cover jetzt zum Cover hier, das in ganz starken Kontrast schwarz und pastelgelb ist.
00:08:13: Was ist das nächste Buch, das du mitgebracht hast?
00:08:17: Das ist ein bisschen aktueller.
00:08:19: Ein Buch aus der Reihe von Kat Menschik im Galliani Verlag. Kat Menschik ist eigentlich die bekannteste
00:08:26: deutschsprachige Illustratorin zur Zeit.
00:08:29: Sie publiziert sehr viel und hat eben bei Galliani eine Reihe, wo auch der Verlag mit einer wirklich sehr hochwertigen Ausstattung
00:08:38: und auch ein bisschen, wie soll man sagen, grenzenauslotenden Publikationswillen einfach dahinter steht.
00:08:48: Dieses Buch ist, ich lese mal in den Titel vor, »Kat Menschiks und des Diplombiologen
00:08:52: Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustriertes Thierleben«, Galliani Berlin.
00:08:57: Das ist, glaube ich, von 2020.
00:09:01: Und die Kat Menschik macht jedes dieser Bücher sehr unterschiedlich.
00:09:06: Das hat zum Beispiel auch einen sehr Gothic-Stil.
00:09:09: Es ist dunkel und mit stark gesättigten Farben gezeichnet.
00:09:14: Es ist durchweg illustriert.
00:09:16: Es geht um fantastische Tierwelten, in diesem Fall.
00:09:20: Aber bei der Kat Menschik geht es auch manchmal um Tomaten oder um ganz andere Themen.
00:09:25: Sie hat eine Georgienreise gemacht und da hat sie ihre Erzählungen mitgebracht
00:09:29: und die in dem Buch auch mit tollen Pflanzen-Illustrationen begleitet.
00:09:35: Und da ist jedes Buch anders und jedes Buch irgendwie großartig.
00:09:39: In dem Fall ist am Cover noch so eine Tiefprägung drauf.
00:09:43: Also man merkt es auch sehr haptisch.
00:09:45: Und diese Tiefprägung findet dann auch im Buchsatz
00:09:48: ihre Fortführungen, also die Satzgestaltung entspricht dem auch.
00:09:52: Da ist es sehr gut zusammen gedacht worden.
00:09:55: Und das ist wirklich ein sehr schönes Buch,
00:09:58: wie die ganze Reihe auch ein bisschen Sammler.
00:10:01: Wunderschön gestaltet greift sich toll an.
00:10:03: Also die Symbole und Zeichnungen am Cover heben sich wunderschön ab.
00:10:09: Ich blättere da mal ein bisschen drin.
00:10:11: »Nekrophile Enten« heißt ein Kapitel, das ich unbedingt lesen müsste.
00:10:15: Das spricht mich an.
00:10:17: Was auch immer unter nekrophilen Enten verstanden wird.
00:10:21: Wenn ich so weiter blättere, habe ich da Meerjungfrauen und einen Oktopus.
00:10:29: Wunderschön gestaltet in rosa, hebt sich extrem schön von dem schwarz drunter ab.
00:10:34: Und gibt auch eine schöne Geschichte dazu.
00:10:37: Ich finde es sehr, sehr spannende Tiere.
00:10:40: Ich habe ja bei mir beim Schrebergarten jetzt drei junge Raben,
00:10:46: die da immer herumfliegen.
00:10:47: Ich habe mir aufgrund dieser Raben die Frage gestellt, was die intelligentesten Tiere sind.
00:10:52: Und bin tatsächlich draufgekommen, dass die Kraken ja auch zu den Intelligenten gehören.
00:10:57: Also ich glaube so die Intelligentesten sind die Delfine, glaube ich.
00:11:01: Dann kommen die... Warte mal, ich habe mal Eselsbrücke gebaut.
00:11:07: Dann kommen die Affen.
00:11:09: Dann kommen die Raben.
00:11:12: Und dann die Kraken.
00:11:14: Dark.
00:11:15: Wäre die Eselsbrücke, da weiß man es dann.
00:11:18: Na, sehr, sehr spannend und wunderschön gestaltet hier.
00:11:21: Und ich finde es auch schön, dass die einzelnen Seiten noch einmal eingerahmt sind mit einem schwarzen Rahmen,
00:11:28: da sehe ich gerade, ein Kapitel über Möpse.
00:11:31: Ja, der Mops.
00:11:35: Der Tintenfisch, wir haben jetzt auch in diesem Frühjahr ein Buch vom Autor Hanno Millesi,
00:11:42: "Der junge Mann und das Meer", also eine Hemingway-Referenz,
00:11:46: natürlich auch die Erzählung, ist angelehnt.
00:11:50: Und statt der alte Mann in seinem Boot und der Marlin,
00:11:55: ist es ein junger Mann, der auf einem Fischmarkt in einer Stadt am Meer,
00:11:59: einen Plastiksackerl mit einem Tintenfisch bekommt
00:12:03: und dann auch durch die Stadt geht mit dem Tintenfisch und die beiden interagieren miteinander.
00:12:08: Also der tot geglaubte Tintenfisch ist doch nicht so tot wie gedacht.
00:12:12: Und das Ganze ist typisch Millesischer Humor, also das ist grandiose Geschichte.
00:12:17: Zum Glück für den Tintenfisch, es ist ja Wahnsinn, wenn man bedenkt,
00:12:20: wenn die jetzt so intelligent sind, dass man die in Ringe schneidet und frittiert.
00:12:23: Also insofern finde ich es schön, wenn der Tintenfisch in eurem Buch nicht tot ist.
00:12:28: Was haben wir noch Schönes, ich habe ja mitgebracht von Eva Reisinger, das Buch "Männer töten".
00:12:35: Das ich deshalb sehr spannend finde, weil es ein Beispiel für ein Buch ist,
00:12:39: dass es so einen neuen, interessanten Schnitt hat.
00:12:42: Und zwar ist es gestreift wie ein Zebra und auch von den Farben eher pastelliger,
00:12:48: mit Goldprägung des Titels, also auch für haptische Menschen,
00:12:54: wieder ein ganz tolles Buch, wo man gerne hingreift.
00:12:56: Das Buch ist also so von dem Eindruck, den es macht, wirklich toll zusammengestellt.
00:13:01: Es sind sehr unterschiedliche Farben, die passen aber alle sehr gut zusammen.
00:13:04: Und dieser Schnittbedruck, der ist tatsächlich irgendwie noch mal was ganz anderes,
00:13:10: aber ist unglaublich catchy, seitdem der Leykam-Verlag ein neues Team hat.
00:13:17: Ich kenne nicht alle, also die Grafikerinnen und Grafiker kenne ich in dem Verlag nicht,
00:13:23: aber es ist schon deutlich erkennbar, wie sehr sich dieser Verlag geändert hat.
00:13:27: Und die machen wirklich sehr, sehr schöne Bücher.
00:13:29: Also toll gestaltet auch und da ist auch ein Wille dazu da,
00:13:34: das ganze Buch zu durchdenken, vom Papier zu dem, was auf diesem Papier drauf steht
00:13:40: oder auch irgendwie dargestellt wird.
00:13:42: Das ist schon sehr schön.
00:13:44: Geht es dir auch so, wenn du in eine Buchhandlung gehst,
00:13:47: dass du unwillkürlich zu bestimmten Büchern hingezogen wirst,
00:13:51: weil die halt schön gestaltet sind oder irgendwie optisch dir entsprechen
00:13:55: oder deinen Vorlieben entsprechen?
00:13:57: Also ich darf das gar nicht so laut sagen,
00:13:59: ich bin natürlich auch ein Mensch, der Bücher des Covers wegen kauft.
00:14:04: Nicht ausschließlich zum Glück, aber auch.
00:14:07: Und das liegt einfach daran, dass ich auch ein sehr optischer,
00:14:12: also optisch denke, sage ich jetzt mal.
00:14:14: Auch wenn der erste Impuls jetzt noch nicht so analytisch durchdacht ist,
00:14:17: sondern einfach ein Reflex ist, irgendwo hinzugreifen
00:14:20: und man sagt, irgendwas wird die Aufmerksamkeit erweckt haben.
00:14:23: Und ganz oft greif ich natürlich auch zu illustrierten Covern,
00:14:26: weil das näher ist zu mir als irgendwie Foto-Bearbeitung,
00:14:31: wo es teilweise auch tolle Sachen gibt,
00:14:33: aber ich bin halt eigentlich eher so auf der Illustrationsseite daheim.
00:14:38: Ich glaube auch nicht, und das ist aber wieder ein ganz anderes Thema,
00:14:41: dass die KI jetzt die Illustration tötet.
00:14:45: Das wird sich sicher anders entwickeln, es wird andere Dynamiken geben,
00:14:48: die wahrscheinlich auch auf die Honorare sich auswirken
00:14:51: von Illustratorinnen und Illustratoren.
00:14:53: Aber es, also die KI ist, glaube ich noch lange nicht da,
00:14:58: dass sie konzeptuell subtile Satire oder auch irgendwie größere Zusammenhänge
00:15:05: so darstellt, schon gar nicht in einem ganzen Buch so homogen darstellt,
00:15:11: wie das Menschen können.
00:15:13: Es gibt natürlich sehr viel Hysterie,
00:15:15: die ist so wie ich das beurteilen kann, schon teilweise begründet,
00:15:18: weil es natürlich gesellschaftlich umwälzend ist,
00:15:22: das ist keine Frage, gerade journalistisch.
00:15:25: Aber ja, man muss auch die Kirche im Dorf lassen, mit der Hysterie.
00:15:29: Man muss sich nicht alles die halbe Jahr irgendwie eine neue
00:15:31: hysterische Geschichte überlegen, wo man dann wahnsinnig wird und die Welt untergeht.
00:15:36: Es geht ja vielleicht auch so ein bisschen um Einfühlung
00:15:39: und wie quasi sehe ich das den Käufer oder die Käuferin
00:15:44: als vis-à-vis und wie kann ich es so gestalten,
00:15:47: dass jemand Lust auf ein Buch kriegt.
00:15:50: Und da ist natürlich schon die Frage,
00:15:52: wenn dann nur irgendwelche Rechenprozesse dann auswerten,
00:15:55: wie viele Leute zu welcher Farbe greifen,
00:15:58: dann ist für Booklover wird es dann irgendwann ein bisschen traurig,
00:16:02: weil das alles dann schon sehr vorhersehbar wird
00:16:05: und mich überrascht es dann auch, wenn irgendwas ungewöhnlich ist
00:16:08: an einem Cover greife ich ja auch gerne mal hin.
00:16:11: Und das müssen jetzt nicht wirklich Verkaufsargumente sein,
00:16:14: die jetzt sozusagen in der Statistik dann zählen würden.
00:16:17: Es gibt ja auch da Trends. Kürzlich habe ich gelesen in der Süddeutschen
00:16:20: eine Reportage über mehrere Agenturen, die Covergestaltung machen,
00:16:25: unter anderem beispielsweise "Der große Sommer" von Ewald Arenz.
00:16:31: Bei DuMont erschienen, das hat so ein bisschen diese
00:16:34: Sommer-Schwimm-Wasser-Coverwelle ausgelöst.
00:16:39: Also es gibt seit diesem Punkt, gibt es irgendwie wahnsinnig viele Bücher,
00:16:44: die irgendwie schwimmen oder Schwimmbadmotive irgendwie auf dem Cover haben.
00:16:49: Und das funktioniert. Man merkt das schon bis es abgefrühstückt ist,
00:16:54: genauso wie es vor ein paar Jahren diese Welle des Atlas gab.
00:16:58: Also ich habe ein Atlas für die entlegenen Orte,
00:17:01: für die, was auch immer. Und die haben alle auch ähnlich ausgeschaut.
00:17:04: Das waren auch irgendwie so schön so entdeckerabenteuermäßig aufgebaut.
00:17:08: Und es gibt immer wieder so neue Trends, und das ist auch gut so.
00:17:12: Aber diese Trends passieren nicht durch Algorithmen oder durch KI,
00:17:19: sondern die werden initiiert durch ein besonders gelungenes Beispiel,
00:17:23: bei dem etwas umgesetzt wird und auch die Rahmenbedingungen trifft,
00:17:27: in denen es funktionieren kann. Und das löst Trends aus.
00:17:30: Und ein Algorithmus, so wie ich Algorithmus verstehe, macht das nicht.
00:17:36: Die Langeweile des Algorithmus.
00:17:38: Ja, also es gibt natürlich toll gemachte Bilder von den KIs.
00:17:42: Das ist schon Wahnsinn, was die können, wenn sie gefüttert werden,
00:17:46: sozusagen mit den Parametern.
00:17:48: Da muss ich wirklich lange, lange studieren und überlegen,
00:17:53: wie ich es mache jetzt diesen Lichteinfall.
00:17:55: Und die KI berechnet das innerhalb kürzester Zeit.
00:17:59: Du hast noch ein Buch mitgebracht. Wollen wir uns das einmal anschauen?
00:18:04: Ja, gerne. Das ist ein Buch, das bei uns im Verlag geschehen ist,
00:18:07: das ich illustrieren durfte von der Historikerin,
00:18:10: Radhistorikerin Petra Sturm, die kam zu uns und wollte ein Buch machen,
00:18:14: und zwar explizit eine Gothic-Novel,
00:18:17: über die Rennrad-Pionierin Cenzi Flendrovsky,
00:18:20: die Ende des 19. Jahrhunderts gelebt hat, wo es auch eine kurze Phase gab,
00:18:25: in der Frauen Rennradsport betreiben konnten.
00:18:29: Also nicht einfach nur Fahrrad fahren, das war nach der Erfindung des Niederflurrads,
00:18:33: dass das Hochrad abgelöst worden ist, und Frauen sehr mobil waren,
00:18:37: dann auch sein durften, auch bis zu den kleinen Bürgerinnen,
00:18:41: die dann irgendwie sich das Rad leisten konnten,
00:18:44: und einfach eigenständig sich in der Stadt bewegen konnten.
00:18:48: Und wir waren sofort begeistert von der Idee,
00:18:51: ich habe zwar schon Bücher illustriert, aber immer nur so einzelne Seiten,
00:18:54: dass ich ein ganzes Buch durchillustriere, so als Graphic-Novel war auch für mich
00:19:00: irgendwie eine neue Herausforderung, vor allen Dingen zeitlich,
00:19:03: weil es ja eigentlich nicht mein Hauptberuf ist,
00:19:05: sondern ich das nebenher mache meistens abends oder in Wochenenden.
00:19:08: Und ja, wir haben es aber geschafft.
00:19:11: Und jetzt ist es da.
00:19:13: Es ist wieder viel gelb, pastellig mit dunklen Kontrasten.
00:19:18: Das gelbe Pastell zieht sich wirklich durch.
00:19:21: Gelb ist einfach als Signalfarbe auch toll.
00:19:24: In dem Fall ist es so ein bisschen ein Zitronengeb mit ein bisschen Schwefel drin,
00:19:29: das einfach im Kontrast zu der Kreuzschraffur, zu der schwarzen,
00:19:33: und den schwarzen Hintergrund mit dem weiß sozusagen die Blicke fokussiert
00:19:39: auf verschiedene Stellen auf den Seiten.
00:19:42: Und das macht einfach auch sehr, also diese Farbe, die sich durch das ganze Buch zieht,
00:19:48: macht sehr viel aus und bringt sehr viel Spannung auf die Seiten.
00:19:53: Man denkt ja, dass es mit drei
00:19:55: Farben sind es ja nicht, weil schwarz und weiß ja keine Farben sind,
00:19:58: also mit dieser Gestaltungsart ein bisschen langweilig werden könnte,
00:20:03: ist aber nicht so, weil du ja dann auch mit Schriften spielst
00:20:07: und mit sonstigen Texten und Symbolen spielst
00:20:11: und du liebst auch Linien, sehe ich gerade.
00:20:14: Linien symbolisieren den Wind.
00:20:17: Also den Gegenwind in Wien, oder der Wind in Wien,
00:20:20: das ist ja eigentlich immer ein Gegenwind, vor allen Dingen noch gesellschaftlich.
00:20:23: Und wir wollten, dass der Gegenwind, der da von diesem männlichen Radsportverband
00:20:27: den Frauen gegenüber wollten, wir halt irgendwie in die Bildebene hineinbringen
00:20:31: und das haben wir mit diesen Windlinien gemacht.
00:20:34: Windlinien ist auch toll. Muss man sich merken irgendwie,
00:20:38: die Windlinien fehlen irgendwo.
00:20:40: Ich seh...
00:20:41: Bei dem Buch auch auf der letzten, vorletzten Seite,
00:20:46: dass es klimaneutral gemacht wurde,
00:20:49: ist euch das besonders wichtig auch da ein Augenmerk draufzulegen,
00:20:54: dass eure Bücher möglichst ressourcenschonend produziert werden?
00:20:59: Und was stellt das für Herausforderungen für einen kleinen Verlag da?
00:21:03: Also, es ist uns wichtig.
00:21:05: Es ist allerdings auch besonders schwierig,
00:21:08: weil du als Verlegerin oder Verleger,
00:21:10: ich mache es mit meiner Kollegin zusammen, uns beiden gehört der Verlag,
00:21:13: natürlich schon, wenn du dich für das Thema interessierst,
00:21:16: unglaublich viel Detektivarbeit leisten musst.
00:21:19: Du kannst damit anfangen, deine Druckerei zu fragen,
00:21:23: was sie anbieten an Möglichkeiten von den Papieren hin
00:21:28: bis zum Druck oder bis zur Auslieferung.
00:21:32: Und es hat einfach ganz, ganz viele unterschiedliche Facetten,
00:21:35: wo man Emissionen sparen kann.
00:21:38: Fakt ist leider auch, dass, wenn man ein Buch wirklich nachhaltig,
00:21:42: also wenn man konsequent bis ins kleinst mögliche Detail
00:21:46: irgendwie nachhaltig und ökologisch nachhaltig drucken will,
00:21:50: man sehr, sehr, sehr viele Prozesse durchdenken muss
00:21:53: und gleichzeitig auch sehr viel Geld in die Hand nehmen muss.
00:21:56: Weil es gibt natürlich zwischen diesem Label, das wir drin haben,
00:22:00: das Klimaneutral produziert,
00:22:01: das ist sozusagen bei einer Auflage von 1000 Stück,
00:22:06: wird dann eine Tonne CO2 emittiert.
00:22:10: Und die kann man kompensieren, indem man einen gewissen Betrag
00:22:15: zahlt, um ein beispielsweise Aufforstungsprojekt in Südamerika
00:22:19: oder was auch immer, es gibt ja ganz viele verschiedene Projekte,
00:22:23: wo man sich auf was aussuchen kann,
00:22:25: dann spendet oder einen Beitrag leistet.
00:22:29: Diese CO2-neutrale Produktion, du hast dann dieses Label drin,
00:22:33: das ist nachvollziehbar.
00:22:35: Allerdings ist es jetzt für diese Auflage von diesem Buch,
00:22:38: waren es glaube ich, weil es vierfarbig ist,
00:22:41: waren das 20 Euro und bei Romanen,
00:22:44: oder sowas sind es zwischen 8 und 12, 13 Euro,
00:22:47: also ist es wirklich sehr, sehr wenig, wenn man das bedenkt.
00:22:51: Und wie diese Zertifizierungen aussehen,
00:22:55: also wie sie im Detail sind, kann ich auch nicht sagen,
00:22:58: weil ich einfach, ich würde mir denken,
00:23:01: dass jetzt allein der Druck, diese Maschinen,
00:23:03: die da in der Druckerei stattfinden,
00:23:05: dass diese CO2-Emissionen sozusagen ausgeglichen werden,
00:23:11: aber weder der Transport noch die Papierherstellung,
00:23:14: noch die Waldrodung, noch die Transporte von A nach B,
00:23:20: von B nach C, von C nach D.
00:23:22: In Deutschland wird es ja auch noch mal
00:23:24: in Österreich zu den Auslieferungen gebracht,
00:23:26: dann zu den Barsortimenten gebracht,
00:23:28: dann kommt es meinetwegen auch zu Amazon,
00:23:29: dann schickt es Amazon wieder durch die Weltgeschichte.
00:23:32: Also diese ganzen Transportwege sind wahnsinnig lang und unglaublich,
00:23:36: also wenig sinnhaft, sagen wir mal so, wenn man es so will,
00:23:41: und verbrauchen natürlich Ressourcen.
00:23:45: Ressourcen.
00:23:46: Und du kannst natürlich, wenn du sehr viel Geld hast,
00:23:50: sagen, okay, ich will eine Druckerei beauftragen,
00:23:54: die direkt in meiner Nähe ist, die Lieferwege kurz halten,
00:23:57: das heißt eine österreichische Druckerei,
00:24:00: die irgendwie nachhaltige Papiere
00:24:02: anbietet, die vielleicht auch mineralölfreie Farben
00:24:05: zum Bedrucken anbietet,
00:24:07: die kein säurehaltiges Bleichmittel verwendet,
00:24:11: irgendwie für die Papierherstellung
00:24:14: oder Papier verwendet, die so gemacht worden sind.
00:24:18: Und, und, und, also gibt es ganz, ganz viele verschiedene Facetten,
00:24:22: aber du zahlst halt mindestens ein Drittel bis zur Hälfte mehr,
00:24:28: und das musst du dir leisten können, das ist das Prinzip,
00:24:31: wie auch im Supermarkt, die Biolebensmittel alle teurer sind,
00:24:34: und die einfach die dreckigen Sachen sind billig,
00:24:38: und dieses Prinzip müsste umgekehrt werden,
00:24:40: wenn aus dieser Sache irgendwas werden soll.
00:24:42: Ja, aber, ja, es geht in alle Bereiche eigentlich.
00:24:47: Das heißt eigentlich, wenn man es jetzt genau nimmt,
00:24:49: wäre, dass all diese Wege wegfallen,
00:24:52: dass das die Produktion des Papiers wegfällt,
00:24:54: wäre ja dann der Kindle, die richtige Alternative natürlich nicht
00:24:58: für uns Booklover und, und, ja, Haptiker.
00:25:03: Ja, ja, ich glaube, dass der Kindle auch nicht so nachhaltig ist,
00:25:07: weil natürlich die Geräte auch produziert werden,
00:25:10: die brauchen sehr viele Ressourcen,
00:25:14: die von allen Teilen der Welt beschafft werden,
00:25:18: und die Lieferketten, was zum Beispiel bei Apple
00:25:21: oder bei anderen Herstellern ist, die gehen, ich glaube,
00:25:25: ich weiß nicht, wahrscheinlich übertreibe ich nur ein bisschen, wenn ich sage
00:25:28: dass das Ding 15 Mal um die Welt geschippert wird,
00:25:30: bevor wir es in der Hand halten.
00:25:32: Und da sind nicht nur die seltenen Erden drin,
00:25:34: da ist nicht nur Lithium drin,
00:25:36: sonst irgendwie andere Sachen,
00:25:37: die dann auch wieder abgebaut werden müssen oder eben nicht,
00:25:39: sondern es sind auch die Emissionen des Servers,
00:25:43: die uns die E-Books online halten und, und, und.
00:25:47: Also, da gibt es, oder zumindest habe ich keine gefunden,
00:25:51: keine wirklich belastbaren Daten oder Informationen,
00:25:56: weil natürlich so Unternehmen auch mit ihren Lieferketten
00:25:59: jetzt nicht unbedingt so offensiv in der Öffentlichkeit sind,
00:26:02: die produzieren so günstig wie möglich.
00:26:04: Und wenn man dann was nach China schippern muss
00:26:06: oder dreimal von China nach Südamerika
00:26:09: und dann nach Grönland wieder zurück, keine Ahnung,
00:26:12: Die kommunizieren das natürlich nicht in der Öffentlichkeit.
00:26:15: Schade wäre es natürlich auch für, für Haptiker und Leute,
00:26:18: die Bücher gerne angreifen,
00:26:20: weil du ja beim Kindle, der natürlich viele Vorteile auch hat,
00:26:23: nichts angreifen kannst, nichts blättern kannst,
00:26:26: keine Seiten fühlst, keinen Druck fühlst und auch keine, ja.
00:26:31: Es ist lustig, die, es gibt ja so diese, dieses Reizreaktionsschema
00:26:36: und das Wischen auf dem Kindle oder auf dem iPad oder
00:26:40: auf dem Handy und das Drücken ist auch in
00:26:44: gewisser Weise befriedigend.
00:26:46: Ja, oder also, es schüttet etwas aus.
00:26:48: Und ich glaube, dass man bei E-Books vielleicht irgendwann auch mal
00:26:52: noch mehr interaktiv sein kann,
00:26:55: als nur Hyperlinks oder sonst irgendwas, sondern
00:26:59: dass man da auch vielleicht virtuelle Räume mit betreten kann,
00:27:03: die trotzdem noch einen Buch darstellen.
00:27:06: Ähnlich wie bei deinem Buch, das du noch mitgebracht hast,
00:27:10: das allerdings auf analoge Weise sehr spannend ist.
00:27:14: Ich hab's auch daheim.
00:27:15: Ja, ich hab mitgebracht, "das Schiff des Theseus",
00:27:19: ein, einen fiktiven Roman,
00:27:23: der, glaube ich, in den 40er-Jahren entstanden sein soll,
00:27:27: wie wir wissen, ist er ja fiktiv.
00:27:29: Und es gibt um die Geschichte noch eine, sozusagen, Meta-Ebenen-Geschichte.
00:27:36: Und zwar eine Studentin in einer Bibliothek und einen Doktorant,
00:27:42: die über dieses Buch, in dem sie da Sachen reinschreiben,
00:27:46: miteinander kommunizieren.
00:27:48: Und auch rausfinden wollen, was es um den vermeintlichen Autor,
00:27:53: den es ja nicht gibt, wie wir wissen, auf sich hat.
00:27:56: Und was es mit Fußnoten auf sich hat, die in diesem Buch stehen.
00:28:01: Und auch Codes, die vorkommen und entschlüsselt werden sollen.
00:28:06: Also eine ganz spannende Geschichte mit einer Meta-Ebene.
00:28:10: Und was mich an dem Buch jetzt abgesehen davon,
00:28:13: dass es wieder pastelgelbig ist im Cover,
00:28:15: so fasziniert, ist, dass wahnsinnig viele Dinge eingelegt sind.
00:28:19: Es sind Karten eingelegt, es sind Fotos eingelegt.
00:28:22: Dieser Zusatztext in Handschrift ist in mehreren Farben.
00:28:26: Und das repräsentiert wieder mehrere Zeitebenen,
00:28:30: wo diese Dialoge zwischen den beiden stattfinden.
00:28:33: Was haben wir da noch alles?
00:28:35: Also wirklich unterschiedlichste Papierarten, Briefe liegen drinnen.
00:28:41: Kritzeleien, ein Collegeblock-Blatt, diverse Dinge mit Zeitungsausschnitte.
00:28:49: Also für mich als haptischen Menschen ist das ja das Traumbuch schlechthin.
00:28:54: Da ist an dir aber eine Literaturwissenschaftlerin verloren gegangen.
00:28:57: Weil das genau diese Arbeit widerspiegelt.
00:28:59: Ich habe mal einen Volontariat gemacht in der Wienbibliothek,
00:29:03: lang bevor ich zu den Verlag gekommen bin.
00:29:05: Da gab es einen Vorlass von einem Schriftsteller,
00:29:08: Helmut Peschina, war das damals.
00:29:10: Und da waren keine Ahnung, wie viele 10, 15 Kisten.
00:29:13: Das weiß ich nicht mehr mit allen möglichen Sachen.
00:29:16: Texten, Typoskripten, Lebenszeugnissen, auch Postkarten.
00:29:19: Alles mögliche an Kommunikation.
00:29:21: Auch irgendwann von einer Fußballweltmeisterschaft,
00:29:24: so ein ausgefülltes Turnierbaum oder irgendwas.
00:29:27: Wirklich alles.
00:29:29: Das gehört auch zu dieser Literatur dazu.
00:29:31: Das ist bei diesem Buch wirklich toll zusammengestellt.
00:29:36: Ich weiß nicht, ich hätte gerne Einblicke ...
00:29:39: Oder der Projektbericht von diesem Buch,
00:29:42: was da alles gemacht worden ist,
00:29:44: von der Redaktion bis zur Grafik oder bis zu diesen ganzen Grafikern, die da gearbeitet haben.
00:29:49: Das könnte wahrscheinlich ein eigenes Buch sein.
00:29:52: Weil es ist Wahnsinn, was da passiert ist.
00:29:54: Dieses Buch ist wirklich in jeder Hinsicht
00:29:57: ganz, ganz außergewöhnlich.
00:29:59: Ist es eigentlich noch ein Buch?
00:30:01: Ist die Frage, weil wir mehrere Ebenen haben,
00:30:04: mehrere Leute auch, die da über das Buch kommunizieren,
00:30:08: also auf dieser Meta-Ebenen.
00:30:10: Meta-Ebene.
00:30:11: Und die eingelegten Dinge, die da in andere Richtungen führen.
00:30:16: Und es gab, glaube ich, auch Social-Media-Kampagne dazu,
00:30:20: als es erschien, wo dann noch Hinweise gegeben wurden,
00:30:23: um diese Codes zu entschlüsseln.
00:30:25: Und ich glaube, eines der eingelegten Dinge
00:30:28: hilft dann auch am Ende, das Buch irgendwie zu entschlüsseln.
00:30:32: Ist es noch ein Buch?
00:30:34: Also, ich finde eindeutig, so wie es vor uns liegt,
00:30:38: ist es ein Buch, die Seiten sind ein bisschen gewählt,
00:30:41: weil so viel Zeug drin liegt.
00:30:43: Aber es ist ganz klar ein Buch.
00:30:45: Und diese ganzen Meta-Ebenen, die beschäftigen sich ja auch
00:30:48: mit einer langen Tradition des Schreibens.
00:30:51: Wenn man das Schreiben vornehmlich als Kommunikationsakt betrachtet,
00:30:55: dann ist einfach dieser Kommunikationsakt der Wille,
00:30:58: zur Leserin und zum Leser durchzudringen auf eine bestimmte Weise,
00:31:03: hier nochmal durch ganz viele andere Faktoren
00:31:07: widergespiegelt und auch irgendwie partizipativer gestaltet.
00:31:11: Also, ich kann aus diesem Buch Dinge herausnehmen,
00:31:15: nicht nur intellektuell von der Imagination oder Assoziation her,
00:31:20: sondern ganz faktisch, haptisch.
00:31:23: Ich kann diese Postkarte nehmen, ich kann diese Zeitungsauschnitte nehmen,
00:31:26: alles, was da drin liegt an diesen 100.000 Sachen.
00:31:28: Und ich kann das in Beziehung zu dem Text setzen,
00:31:32: den ich lese, zu den Randtexten,
00:31:34: die schon wieder zum Text auch Stellung beziehen
00:31:37: und kann das auf meine persönliche Ebene bringen,
00:31:41: sozusagen mit dem, was ich glaube, zu verstehen.
00:31:44: Und in der Hinsicht ist das ein toll gespiegelter Prozess,
00:31:49: eben davon, was das Literaturwissenschaft kann
00:31:54: und berücksichtigt und selber so ein bisschen
00:31:56: eigene detektivische Arbeit zu leisten.
00:31:59: Ein ganz tolles Konzept und eine tolle Idee und eine tolle Umsetzung.
00:32:04: Es bedient ja auch so ein bisschen das Mystery,
00:32:06: die Mystery-Ebene, weil es ja eben so Codes hat,
00:32:09: auch die entschlüsselt werden oder weil man auch aktiv werden kann
00:32:12: und mitraten kann und Codes entschlüsselt kann.
00:32:14: Das finde ich auch eine spannende Geschichte dran.
00:32:16: Mich erinnert sie auch ein bisschen jetzt mit diesen Meta-Ebenen
00:32:20: an Bücher, die ich früher gelesen habe.
00:32:22: Also, bei Flann O'Brien sind ja die Fußnoten schon mehr
00:32:25: als das eigentliche Buch.
00:32:27: Das findet ja eigentlich in den Fußnoten statt.
00:32:30: Oder wenn man jetzt Michael Ende nimmt,
00:32:32: wo du ein Buch vom Beginn lesen kannst oder das Buch umdrehen kannst
00:32:35: und dann noch einmal eine andere Geschichte in anderer Farbe
00:32:38: auch lesen kannst, was wäre in diese Richtung
00:32:41: dann der weitere Trend, der dann noch käme?
00:32:44: Das weiß ich auch nicht.
00:32:46: Aber es ist sicher etwas, was auf zwei Ebenen passieren wird
00:32:52: oder auf unterschiedlichen Ebenen passieren wird.
00:32:54: Einerseits mit dem Buchgestalterischen.
00:32:57: Es gibt ja auch, ist jetzt auch keine Neuigkeit.
00:32:59: Also anders als zum Beispiel das Auto,
00:33:01: das immer die gleiche Form haben wird
00:33:04: und wo einfach fast die jegliche Innovationskraft
00:33:07: von den Designern irgendwie fehlt,
00:33:10: weil sie immer wieder reproduzieren und reproduzieren
00:33:12: und vielleicht nur mal eine Form anders machen,
00:33:13: ist das Buch trotzdem immer und das liegt bei vielen Autorinnen und Autoren
00:33:18: einfach schon in den Genen und auch in den künstlerischen
00:33:21: oder kreativen Prozessen,
00:33:24: dass sie Grenzen überschreiten.
00:33:25: Das ist ein Teil von Literatur, glaube ich,
00:33:28: Grenzen zu überschreiten.
00:33:30: Welche Grenzen ist jetzt sind, ist glaube ich, völlig unterschiedlich,
00:33:33: aber auch die von Genre, von Gattungen
00:33:38: und natürlich dann auch die vom Buch als physische Gestalt.
00:33:45: "Das Schiff des Theseus" ist ein Beispiel dafür.
00:33:47: Es gibt unzählige andere, auch so Zettelkästen,
00:33:51: die nicht mehr zusammengebunden sind,
00:33:53: wo man trotzdem aber ein Buch suggeriert,
00:33:56: einfach dass man in unterschiedlicher Reihenfolge lesen kann,
00:33:58: die Zettel dazwischen zusammenwürfelt
00:34:00: und das würde ich auch als Buch bezeichnen.
00:34:03: Das, was vielleicht dann doch nochmal mehr oder anders
00:34:07: die Grenzen überschreitet, ist eher,
00:34:08: wenn man so ins Digitale gehen wird.
00:34:11: Also was, wo verschwimmen Grenzen zwischen dem,
00:34:15: was mir das Buch erzählt und einem Hyperlink,
00:34:18: der KI generiert ist, beispielsweise.
00:34:20: Oder wo kann ich virtuelle Räume durch einen Text
00:34:28: oder ein Buch betreten?
00:34:31: Wie kann das passieren?
00:34:33: Also das, was eigentlich bei uns Leserinnen und Lesern
00:34:36: im Hirn passiert.
00:34:37: Das, was wir aus dem Buch heraus als Zwischenräume lesen,
00:34:40: die die Zwischenräume vorstellungsmäßig
00:34:43: zwischen den einzelnen Sätzen oder Wörtern
00:34:45: oder auch den verschiedenen Handlungsstrengen oder so was,
00:34:50: oder beim Vorstellen von Figuren,
00:34:52: das kann, glaube ich, in einer Virtualität
00:34:57: nochmal anders Form annehmen, natürlich auch eher vorgegeben.
00:35:00: Also das ist dann nicht meine Fantasie, die arbeitet,
00:35:03: sondern das ist wieder etwas, was mir mehr gezeigt wird
00:35:06: und wo ich mich selber dann bewege
00:35:08: und vielleicht partizipativ irgendwas machen kann.
00:35:11: Aber den Fantasieakt, den Assoziationsakt,
00:35:16: der im Hirn passiert beim Lesen, weiß ich nicht, ob das ersetzbar ist.
00:35:20: Wo wollen wir uns ja auch jetzt nicht vorschreiben lassen?
00:35:23: Und außerdem für alle, die noch Bücherregale haben,
00:35:26: man will ja da auch gern was Schönes reinstellen.
00:35:29: Und alle die Bücher, die wir heute mitgebracht haben,
00:35:32: sind definitiv welche, die man gerne öfter mal wieder angreift
00:35:38: und zur Hand nimmt und durchblättert und gerne anschaut.
00:35:42: Jorghi, vielen Dank, dass du da warst
00:35:46: und danke fürs Gespräch. Ich danke dir.
00:35:48: (Dynamische Musik)
00:35:50: Bei mir ist jetzt wieder Katia Schwingshandl,
00:36:00: die Chefredakteurin der Buchkultur zu Gast.
00:36:03: Katia, was ich dich immer schon einmal fragen wollte,
00:36:06: ist, wie eine Ausgabe der Buchkultur entsteht?
00:36:09: Wir erscheinen ja eben alle zwei Monate
00:36:13: und da greift eigentlich der eine Planungsprozess
00:36:16: schon wieder in den Entstehungsprozess vom anderen Heft.
00:36:20: Also jetzt gerade hatten wir das zum Beispiel so:
00:36:23: Wir haben die eine Ausgabe abgeschlossen.
00:36:25: Und parallel dazu müssen eigentlich immer schon wieder
00:36:28: die nächsten Titel irgendwie gesammelt werden.
00:36:32: Wir handhaben das meistens so, dass unsere Rezensent/innen
00:36:36: meistens Vorschläge bringen.
00:36:39: Parallel dazu sammel ich natürlich
00:36:42: alle möglichen Vorschläge aus allen möglichen Vorschauen.
00:36:45: Genau, und dann geht das endlich so weiter.
00:36:47: Dann haben wir eben diesen Schreibprozess.
00:36:50: Das ist meistens so ein Monat,
00:36:52: dass unsere Rezensent/innen Zeit haben, die Bücher zu lesen.
00:36:55: Die sollen natürlich viel Zeit haben.
00:36:58: Und dann geht das Ganze weiter in Richtung Redaktionsschluss.
00:37:02: Dann schauen wir uns eben die ganzen Texte an.
00:37:04: Und ja, um das jetzt abzukürzen,
00:37:07: dann geht das Ganze eigentlich wieder von vorne los.
00:37:10: Wenn wir auf die einzelnen Texte genauer schauen,
00:37:13: rezensierst du die dann quasi noch einmal?
00:37:16: Oder beziehungsweise korrigierst du sie?
00:37:19: Genau, das ist auch eine gute Frage.
00:37:21: Wir haben da eben zum Glück mehrere Instanzen.
00:37:23: Aber tatsächlich bin ich diejenige,
00:37:26: an die diese Texte zum ersten Mal gehen.
00:37:29: Das heißt, ich schaue mir das an.
00:37:31: Ich schaue mir an, zum Beispiel ist die Kritik berechtigt.
00:37:34: Natürlich bei Kritiken, die jetzt eher negativ auffallen,
00:37:37: muss man da besonders aufpassen.
00:37:39: Ich schaue auch tatsächlich in die meisten Bücher auch selber rein.
00:37:43: Das finde ich auch ganz wichtig,
00:37:45: dass man einfach weiß, worüber diese Rezensent/innen da schreiben.
00:37:49: Ich korrigier da als Erste natürlich,
00:37:51: geht das dann noch weiter in den Johannes Lau, der
00:37:53: für uns eben das Lektorat auch mitmacht.
00:37:56: Und dann schlussendlich auch das Korrektorat.
00:37:58: So läuft das.
00:37:59: Interessanter Punkt jetzt, Lektorat, Korrektorat.
00:38:02: Die Buchkultur hat einen eigenen Lektor, Korrektor,
00:38:08: sozusagen, der dann die gesamte Zeitschrift,
00:38:11: die jeweilige Ausgabe, noch einmal von A bis Z durchsieht.
00:38:16: Genau, wir sind ein relativ kleines Team.
00:38:19: Und insofern bin ich da recht dankbar,
00:38:21: dass das eben der Johannes Lau, der eigentlich
00:38:23: auch die Sachbuchredaktion macht
00:38:25: und eben die Seiten da drin gestaltet,
00:38:27: dass der das auch mit übernommen hat.
00:38:30: Und wir sind da eigentlich in ständigem Austausch,
00:38:33: dann in dieser letzten Hochphase quasi,
00:38:37: wo dann alles gleichzeitig passiert gefühlt
00:38:40: und wo wir dann eben auch super, super eng,
00:38:42: das darf man auch nicht vergessen mit unserer Grafikerin,
00:38:45: mit der Katharina Mair, zusammenarbeiten.
00:38:47: Genau, das darf man auch nicht vergessen.
00:38:50: Die macht ja auch ziemlich, ziemlich viel und Wichtiges.
00:38:53: Wie muss man sich das vorstellen?
00:38:55: Füllt ihr die Texte in schon vorhandene Grafikflächen ein?
00:38:58: Oder ist das zuerst einmal auf einem normalen Word-Dokument,
00:39:02: so als einfaches Blatt?
00:39:04: Ja.
00:39:06: Das dann später mal eingebaut wird? Oder schreibt ihr da direkt schon
00:39:08: in farbliche Oberflächen, wie man sie dann nachher im Heft sieht?
00:39:11: Also einerseits gibt es eben das Layout.
00:39:14: Und das Layout hat eben in dieser Art und Weise,
00:39:17: wie das jetzt auch immer vor unseren Leser/innen landet,
00:39:20: der Jorghi Poll erstellt.
00:39:23: Wir arbeiten mit ganz normalen Word-Dateien,
00:39:26: also wir bekommen die genau so von unseren Rezensent/innen.
00:39:30: Das Einfügen in dieses Layout
00:39:32: und dann eben auch diese ganzen Feinkorrekturen,
00:39:36: auch zum Beispiel eben,
00:39:38: wir haben ja immer wieder auch neue Kolumnen oder so.
00:39:41: Das erledigt dann eben unsere Grafikerin.
00:39:44: Also das heißt mit dem Layout selbst habe ich jetzt nichts zu tun,
00:39:47: aber in dieser engen Zusammenarbeit mit der Grafikerin,
00:39:50: habe ich dann natürlich das Auge drauf.
00:39:53: Wir gehen am Anfang eben den Seitenspiegel durch gemeinsam
00:39:57: und schauen uns an, wie viel Text passt da rein,
00:40:00: wo sollen die Bilder platziert werden, alles Handarbeit.
00:40:04: Ein sehr mühsamer Prozess und ein sehr aufwendiger Prozess.
00:40:07: Wenn du jetzt selber schreibst,
00:40:09: bist du anders kreativ,
00:40:11: wenn du jetzt in eine bunte Seite reinschreibst,
00:40:14: die schon irgendwie gestaltet ist
00:40:15: oder wenn du ein weißes Blatt vor dir hast?
00:40:18: Auch eine spannende Frage,
00:40:21: weil eigentlich weiße Blätter ja sehr selten
00:40:24: eigentlich zu Kreativität anregen, würde ich sagen.
00:40:27: Tatsächlich lasse ich mich meistens einfach ganz gern inspirieren
00:40:30: von diesen Seiten.
00:40:33: Aber natürlich mir bleibt nichts anderes übrig,
00:40:36: als dann am Ende wieder vor diesem weißen Blatt zu sitzen.
00:40:40: Die Challenge des weißen Blattes,
00:40:42: die wahrscheinlich auch viele Autorinnen und Autoren kennen.
00:40:46: Katia, danke dir recht herzlich für diesen Einblick
00:40:49: in euren Redaktionsalltag.
00:40:51: Und man hat, glaube ich, jetzt wieder mal gehört, wie aufwendig es ist,
00:40:56: so eine schön gestaltete Zeitschrift
00:40:59: auch zu erstellen in den Einzelausgaben.
00:41:02: Danke dir recht herzlich. Danke.
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